20. Sontag im Jahreskreis | 14. August 2022
Meditation

Positiv oder nicht?

Ich war noch nie ein positiver Mensch, eine, die daran glaubte, dass mit positivem Denken alles besser würde – das wurde mir von vielen Bekannten, Verwandten, Freunden bestätigt.

Kannst du nicht endlich einmal positiv
denken? – Das hörte ich nur zu oft.
Nein, ich konnte nicht, immer schlichen sich da Zweifel ein, immer war es einfach zu schwierig, drüberzugehen über die Fragen, die sich auftaten.

Kannst du nicht einfach ein bisschen
freundlich sein?, hörte ich manchmal.
Das Lächeln aufzusetzen für den wichtigen Anlass – schon allein das schmerzte und kam mir vor wie Verrat an der Wirklichkeit.
Warum hast du nicht …?
Warum ziehst du denn dein Dirndl nicht an, du bist doch damit so fesch?

Warum musst du denn immer kritisieren?
Die Verantwortliche oder der Verantwortliche wissen das und wollen das Beste,
und überhaupt hilft es eh nichts, es bleibt immer so, die sind eben immer die, die oben sind – und bleiben.
Wenn du dann ungeliebt von der (örtlichen) Elite oder einfach ignoriert in allen
Wünschen und Gedanken bleibst, dich vielleicht nicht einmal mehr traust, deine Fragen zum nächsten Projekt zu äußern, dann denkst du eines Tages: Okay, interessiert mich ohnedies nicht mehr. Nur weg!

Corona.
Plötzlich hat das Wort „negativ“ einen neuen, positiven Klang und kann sogar ein Ziel sein:
negativ sein und bleiben.
Dein Immunsystem oder der reine Zufall haben dich bisher geschützt.

Vielleicht ist negativ doch nicht so schlecht.
Die eigenen negativen Regungen nicht
verleugnen, nein, lieben lernen und erkennen, wohin sie führen, dann kann daraus sogar ein Ziel entstehen.

Vielleicht ja doch zum Positiven, zu dem, das uns und die anderen weiterbringen kann.
In dem wir uns wiederfinden.
Dass daraus etwas wachsen kann,
ein Baum,
eine Rose.
Mit viel Gießen, Geduld und Liebe
kann etwas wachsen aus jedem Boden.

Gisela Remler

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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