Mutworte - Christa Carina Kokol
Wer klopfet an?
Als Dreizehnjähriger flüchtete er allein (!) aus Afghanistan nach Österreich. In einer Grazer Familie fand er eine neue Heimat. Warum er Medizin studieren will? Um etwas Sinnvolles zu tun. Gerade aufgrund seiner eigenen traumatischen Erfahrungen könne er Menschen in ihrer körperlichen und seelischen Not auf besondere Weise helfen. Die empirische Erkenntnis, dass der Mensch einen ursprünglichen Willen zum Sinn hat, wird mitten im Alltag bestätigt. Nach Albert Einstein ist jemand, der keinen Sinn im Leben sieht, „nicht nur unglücklich, sondern auch kaum lebensfähig“.
Im TV-Drama „Gott“ (nach der Buchvorlage von F. v. Schirach) will ein gesunder Mann nach dem Tod seiner Frau ärztliche Suizidbeihilfe, da ihm sein Weiterleben sinnlos erscheint. Wozu aber hätte der Mensch einen Willen zum Sinn – wenn das ganze Leben sinnlos ist? Und wenn das Leben einen Sinn hat, dann in jeder Phase des Seins – auch in Leid, Schuld und Tod. Freiheit und Selbstbestimmung sind ein hohes Gut, aber ohne Verantwortung werden sie zu Willkür. Eine Gesellschaft, die menschliches Leben nicht bis zum Tod durch Achtsamkeit, Schmerzlinderung und liebevolle Annahme bejaht, verliert ihre Menschlichkeit.
Die Sinnlehre Viktor Frankls sieht in dem nachweislichen Willen zum Sinn das eigentlich Menschliche und ein Erahnen des letzten und ewigen Sinns. Ein altes amerikanisches Sprichwort lautet: „Angst klopft an die Tür. Vertrauen öffnet – und niemand war draußen.“ Das Grab ist leer.
Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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