Mutworte - Christa Carina Kokol
Damit keiner alleine zurückbleibt

Foto: Neuhold

Über ein „schmerzliches Dilemma von Recht und Menschlichkeit“ schreibt „Kleine“-
Chefredakteur Hubert Patterer im Fall der Abschiebung von Schülerinnen und deren Mütter. Er fragt auch nach dem Wohl jener, die ebenfalls nicht bleiben konnten, aber die Gesetzeslage respektierten …
Auch Ferdinand v. Schirachs TV-Drama „Feinde“ „lässt einen“, wie in einem Kommentar zu lesen, „alleine zurück“. Alleine mit Emotionen, Gerechtigkeitsempfinden und eigenem Gewissen: In der brutalen Entführung einer Zwölfjährigen sieht der Polizeiermittler die Folter als einzige Möglichkeit, den ignoranten mutmaßlichen Täter zum Reden zu bringen.
Mit seiner süffisanten Fragerei geht der Strafverteidiger – brillant dargestellt von Klaus Maria Brandauer – ganz schön auf die Nerven: Welche Beweise der Ermittler für die Schuld seines Mandanten habe? Ob er alle Menschen foltere, die er subjektiv für schuldig hält? Ob nur Opfer eine unantastbare Würde hätten? Und dann das rechtsstaatliche Urteil: Freispruch für den mutmaßlichen Entführer und Mörder, da sein Geständnis durch Folter erzwungen wurde.
Klar – keiner hat das Recht, über die Würde eines anderen zu entscheiden. Ist in Extremsituationen ein gesunder Mensch würdiger als ein kranker, ein junger würdiger als ein alter oder umgekehrt? Der Rechtsstaat schützt vor emotionaler Willkür. Doch vertraue ich, dass alles, was aus bestem Wissen und Gewissen geschieht, aufgehoben ist in einem letzten Sinn, der keinen alleine zurücklässt.

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl. 

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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