Ukrainehilfe
Licht für 2000 Menschen
Ein Jahr Hilfe: Seit einem Jahr unterstützen Steirerinnen und Steirer Menschen in der Ukraine. Auf seinem Zwischenstopp in Graz erzählt Pfarrer Myroslav Ryse, wie Hilfe im Kriegsland ankommt.
Ein paar Mal kräftig an der Kurbel drehen, den Knopf drücken und die Lautstärke aufdrehen. Pfarrer Myroslav Ryse von der griechisch-katholischen Caritas der Diözese Mukachevo weiß genau, wie eine Notfall-Lampe funktioniert. Der Ukrainer hält sein Ohr näher an das zylinderförmige Gerät und hört angestrengt hin. Anfängliches Rauschen weicht einer Stimme, die nach wenigen Sekunden ertönt. „Die Sprache kenn’ ich – das ist Russisch“, sagt er und stellt das Multifunktionsgerät wieder zurück auf den Tisch in der Caritas-Zentrale in der Grazer Grabenstraße. 500 Stück der Lampen, die nicht nur Licht geben, sondern zugleich auch Ladegerät und Radio sind, hat er an diesem Tag auf Vermittlung der Caritas von einer steirischen Firma entgegennehmen können. „Damit haben mindestens 2000 Menschen Licht – und mehr als das“, sagt er. Von unschätzbarem Wert seien die Lampen für Menschen, die jeden Tag viele Stunden keinen Strom haben.
Alltag im Krieg
Energie-Engpässe, unsichere Versorgung und vor allem Angst: Davon geprägt ist der Kriegs-Alltag in der Ukraine. In Mukachevo, im slowakisch-ungarischen Grenzgebiet, sei die Situation etwas entspannter. „Wir gehören wohl zu den Wenigen, auf deren Gebiet bislang erst eine Bombe explodiert ist“, erzählt Myroslav Ryse. Doch auch im Westen der Ukraine hinterlasse der Krieg deutliche Spuren. „Aus allen Landesteilen flüchten die Menschen zu uns“, erzählt der Caritas-Direktor, dessen Organisation den Kriegsvertriebenen vor allem dank Auslands-Spenden helfen kann.
Was neben Gütern des täglichen Bedarfs am dringendsten benötigt werde, sei psychologische Beratung – selbst in wenig umkämpften Gebieten wie Transkarpatien. „Unsere Kinder schlafen abends nur schwer ein und haben Angst, dass über Nacht die Russen kommen. Und am Weg zur Schule fürchten sie sich, wenn es Alarm gibt“, erzählt der griechisch-katholische Pfarrer, der selbst Familienvater ist. Seine Frau sei mit den drei Kindern im Alter zwischen einem und acht Jahren deshalb ebenfalls geflohen und lebe jetzt in Österreich. „Dort können die Kleinen hoffentlich den Krieg vergessen.“
Funktionierendes Netzwerk ermöglicht Hilfe
Dass Myroslav Ryse sein Theologiestudium in Bayern absolviert hat, kommt ihm und den Menschen im Krieg jetzt sehr zugute. Schon zu Studienzeiten knüpfte er an einem Netzwerk in Deutschland und in Österreich, das seine Hilfe trägt. „Auch meine Frau, die in Deutschland Germanistik studiert hat, hilft von Österreich aus mit, alles zu organisieren“, erzählt er. Mit Hilfsorganisationen wie der Caritas Wien arbeitete man schon lange vor dem Krieg zusammen – in der Hauskrankenpflege, beim betreuten Wohnen oder bei der Verteilung von Essen auf Rädern an alte und bedürftige Menschen. Mit Kriegsbeginn hat die Caritas die Hilfe in der Ukraine weiter verstärkt. „In der Region um die Stadt
Uschhorod haben wir mit Unterstützung der Caritas Wien zusätzlich zwei Wäschereien eröffnet und im vergangenen Jahr mehr als 20 Tonnen Kleidung und Bettwäsche gewaschen“, erzählt Myroslav Ryse stolz. Ob nach Uschhorod geflüchtet oder dort ansässig: Für alle dort sei das eine große Hilfe.
Ferien vom Krieg
Was sich der griechisch-katholische Pfarrer für sein Land wünscht? Natürlich Frieden, aber der, so Ryse, werde wohl noch auf sich warten lassen. Bis dahin sei Hilfe umso nötiger. „Sogar Sanitätsfahrzeuge haben wir schon in die umkämpften Gebiete transportiert.“ Besonders am Herzen liegen dem Familienvater all die Kinder, die im Krieg aufwachsen müssen, und er erzählt davon, dass er in Österreich Kindererholung organisieren möchte. „In der Ukraine wachsen derzeit so viele Kinder ohne Vater auf, und tausende sind schon zu Waisenkindern geworden.“ Auf Einladung von Kardinal Schönborn waren ukrainische Kinder bereits in Österreich eingeladen. „Ferien vom Krieg in Ländern wie in Österreich sollen ihnen zeigen, dass es auch ein Leben ohne Gewalt und Angst gibt“, erzählt Myroslav Ryse. Bereits jetzt müsse man Kinder und Erwachsene psychologisch unterstützen. Damit die seelischen Wunden heilen und das Leben wieder gelingen könne – im Krieg, und noch mehr im Frieden, nach dem man sich in seiner Heimat so sehr sehnt.
Anna Maria Steiner
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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