Weltkirche
Comboni-Missionar aus Zentralafrika: Von Krieg zerrissen
Viele denken, der Unterschied zwischen Afrika und Europa sei groß, erzählt P. Moses Otii Alir im Gespräch bei den Combonis in Graz-Messendorf. Doch die Unterschiede innerhalb Afrikas können gefühlt sogar noch größer sein. So erlebte es der Comboni-Missionar aus Uganda, als er 2012 seine erste Missionsstelle in der Zentralafrikanischen Republik antrat.
Ein Land, das in der Welt und auch in Afrika nicht sehr bekannt ist, reich an tropischen Regenwäldern, einer Vielzahl von mineralischen Bodenschätzen und natürlicher Schönheit, beschreibt P. Moses das Land, in dem er zehn Jahre als Priester wirkte. Die Zentralafrikanische Republik erstreckt sich über eine Fläche von über 600.000 km² und ist damit fast achtmal so groß wie Österreich. Dieses riesige Land hat jedoch nur ca. 5 Millionen Einwohnende. Fast die Hälfte davon lebt in der Hauptstadt Bangui.
Flucht und Trauma
Am Rand der Hauptstadt liegt P. Moses’ Wirkungsgebiet, die Pfarre „Unsere Liebe Frau von Fatima“. Nicht lange nachdem er dort ankam, versank das Land in einem beispiellosen politischen Aufruhr, der zum Zusammenbruch großer Teile der Infrastruktur führte. Rebellengruppen terrorisierten die Bevölkerung. Fast 6000 Flüchtlinge suchten jahrelang innerhalb der Mauern der Pfarre Schutz. Leider zum Teil vergebens. Mehrere Male wurde die Pfarre Ziel von Angriffen. Einer dieser Gewaltexzesse ist P. Moses noch sehr im Gedächtnis. „Wir waren zur Messe mit etwa 3000 Menschen versammelt, als bewaffnete Gruppen auf das Gelände stürmten.“ erzählt der Missionar. Sie warfen Handgranaten auf die zum Gebet versammelten Menschen. Hunderte wurden verletzt, viele starben. Auch ein Priester war unter den Getöteten. „Später fanden wir einen Kelch – durchschlagen von einer Kugel.“
Seit den Gewaltausbrüchen gäbe es viele traumatisierte Menschen, so P. Moses. „Wenn mir jemand erzählte, dass er seit Monaten nicht mehr schlafen kann, weil er mitansehen musste, wie seine Kinder oder Eltern umgebracht wurden, wusste ich oft selbst nicht weiter. Ich bin kein Psychologe“, berichtet P. Moses von seiner Arbeit. Also hat er PsychologInnen organisiert, die auch für die Seelsorgenden psychologische Weiterbildungen abhielten. „Wir arbeiten jetzt mit Musik und Tanz mit Traumatisierten“ berichtet er – das könne helfen.
Kein Religionskonflikt
Die gewalttätigen Konflikte haben einen Keil zwischen Christen und Muslime getrieben. Wo vorher jeder friedlich mit seinem Nachbarn wohnte, gäbe es jetzt Misstrauen und Gewalt, so P. Moses. Das Land, das einst wegen seines Friedens als die Schweiz Afrikas bezeichnet wurde, ist wegen seiner Bodenschätze von Krieg zerrissen worden, hält der Comboni-Missionar fest. Die Auseinandersetzungen seien vordergründig jedoch kein Konflikt zwischen den Religionen, betont P. Moses. Der Hauptfaktor, der die Gewalt begünstige, ist für den Missionar das Faktum, „dass wir so viele junge Menschen in einem Land mit sehr begrenzten Möglichkeiten haben“. Das Bildungssystem in der Zentralafrikanischen Republik ist schlecht. Perspektivenlosigkeit durch fehlende Bildung mache es einfach, junge Menschen zu manipulieren und ihnen eine Zukunft in bewaffneten Konflikten zu versprechen, ist P. Moses überzeugt.
Um all dem Hoffnung entgegenzusetzen initiierte die Pfarre von P. Moses ein Filmprojekt. Jugendliche verfilmten die Geschichte eines Christen und eines Muslims, die früher Freunde waren, aber seit den kriegerischen Auseinandersetzungen nicht mehr miteinander sprechen. Der Film wurde kostenlos in verschiedenen Pfarren vorgeführt, um zur Versöhnung beizutragen. Denn die Pfarren waren vor der Gewalt immer schon für alle offen und sind es noch, betont P. Moses. Aus dem Filmprojekt entwickelte sich mit Hilfe ausländischer Unterstützung inzwischen ein Zentrum für Film und Fotografie, „um den Jugendlichen eine Perspektive zu geben“, resümiert P. Moses.
Katharina Grager
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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