Österreich 1933/1934
Auch mit „den anderen“ reden
Demokratie braucht Menschen, die es ehrlich mit ihr meinen.
Am 1. März widmete sich eine Podiumsdiskussion der Sorge rund um den zunehmenden Ruf nach autoritär geführten Regierungen, der viele Menschen beunruhigt. Titel: „Autoritäre Wende? – Hat das politische Establishment in Österreich versagt?“. Etwa 200 Personen haben im Veranstaltungssaal des Universalmuseum Joanneum teilgenommen. Auf das Podium waren politische AkteurInnen verschiedener Ebenen eingeladen: Vizekanzler Werner Kogler, die Grazer Bürgermeisterin Elke Kahr, der steirische Landtagsabgeordnete Andreas Kinsky sowie Irmgard Griss, ehem. Präsidentin des Obersten Gerichtshofs und – so Moderator Florian Traussnig – „aktive Bürgerin“.
Heinz Wassermann, Assoziierter Professor am Studiengang Journalismus und Digitale Medien (FH Joanneum), leitete den Abend mit einer Zusammenschau aus Umfragen ein (u. a. zum Vertrauen in politisch Verantwortliche) und beschloss ihn – im Blick auf die Ereignisse 1933/34 – mit dem Hinweis auf die verfassungsmäßigen Institutionen: Parlament, Bundespräsident, Verfassungsgerichtshof. Sie seien für eine resiliente Demokratie unerlässlich und dürften nicht aufs Spiel gesetzt werden.
Verunsicherung und „einfache“ Antworten.Zahlreiche Themen aus den unterschiedlichen politischen Arbeitsfeldern kamen zur Sprache: die Wirtschaftsentwicklung, Österreichs Haltung zu Ukraine, Russland und Neutralität, Migration, Maßnahmen angesichts der Klimaveränderung, die ungleich verteilten Bildungschancen der in Österreich lebenden Kinder usw.
Die Personen am Podium teilten die Sorge um den wachsenden Zulauf zu Gruppierungen und Parteien, die auf solch komplexe Fragen allzu einfache Antworten geben. Oft ließe sich mit einfachen Parolen und Schuldzuweisungen punkten, vor allem bei Menschen, die ihre Chance auf befriedigende Lebensgestaltung und Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen nicht wahrnehmen (können). Populäre „Sager“ bieten aber noch keine Lösungen für vielschichtige Fragen. Vielmehr sei es auf allen politischen Ebenen wesentlich, die Gesprächsbasis mit jenen Gruppierungen zu stärken, die glaubhaft Lösungen suchen und nicht nur auf kurzfristige Wahlerfolge schielen. Und zu versuchen, den Menschen im Land auch unangenehme Wahrheiten begreiflich zu machen.
Teilhabe ermöglichen. Notwendig ist – da war man sich weitgehend einig – die echte Bereitschaft, Menschen zuzuhören und auch mit Andersdenkenden (Personen, Parteien, Religionsgemeinschaften …) zu reden im ernsthaften Bemühen, zu verstehen und sich verständlich zu machen. Das könne jede Bürgerin und jeder Bürger tun. Auch die Religionsgemeinschaften mögen Gesprächsräume anbieten. Denn von der sachbezogenen Auseinandersetzung mit Andersdenkenden lebe eine funktionierende Demokratie.
Elisabeth Wimmer
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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