Glauben weiter pflegen | Teil 03
Ernten, danken, Sorgen übergeben können

Foto: Gerd Neuhold, SONNTAGSBLATT

Der Herbst ist da, der Herbst ist da, er bringt uns Obst, heihussasa.“ Fröhlich und unbekümmert schmettern die Kindergartenkinder zum Beginn des ökumenischen Gottesdienstes ihr Lied und werden auch gleich für ihre Darbietung beklatscht. BewohnerInnen und Tagesgäste am Grazer Ruckerlberg lassen sich gern anstecken von der ausgelassenen Stimmung. Die evangelische DiakoninElisabeth Pilz feiert heute gemeinsam mit Christine Stock aus der Pfarre Herz Jesu einen speziellen Wortgottesdienst. Schon zum fünften Mal können sich BewohnerInnen, Angehörige und Mitarbeiter einbringen und für die „Ernte ihres Lebens“ danken.

Tagesbetreuung ist ein spezielles Angebot hier im Haus am Ruckerlberg, womit versucht wird, für an Demenz erkrankte Patienten und deren Angehörige eine neue, alternative Form der Tagesgestaltung anzubieten. Ingrid Ferstl, Leiterin der Tagesbetreuung: „Angehörige nehmen das entlastende Angebot Tagesbetreuung oft sehr spät in Anspruch, wenn die Belastungsgrenze der Familie erreicht, oft sogar überschritten ist. Sie meinen, alles allein schaffen zu müssen.“ Ihr Konzept dabei: „Wir setzen an der Biografie der Tagesgäste an und richten uns ganz nach deren Interessen, Fähigkeiten und ihrer Tagesverfassung. Zum Beispiel Gedächtnisübungen, Gesprächsrunden, Musizieren, Singen, Backen, Garteln, Basteln und alles, was Freude bereitet.“ Es ist eine ganz andere Sicht, die den Menschen gut tut. „Im Tagesablauf spielt nicht Leistung die Rolle, sondern Dabeisein, Genuss, Wahrnehmen. So weit es möglich ist, können sie selbst aktiv sein oder sich zurückziehen, Entscheidungen treffen und das Tempo bestimmen.“ Über schöne Erfolge, die man vielleicht nicht erwarten würde, kann sie berichten. „Soziale Kontakte sind für Menschen mit Demenz möglich und wichtig. Es wurden hier auch im hohen Alter Freundschaften geschlossen.“

Elisabeth Pilz und Christine Stock verbinden in ihrer Dialogpredigt die schönen Bergpredigtstellen von den Vögeln des Himmels, die weder säen noch ernten und doch vom Vater im Himmel ernährt werden, von den Lilien auf dem Feld mit Gedanken aus dem Alten Testament, dass es für alles im Leben eine Zeit gibt (Koh 3,1–3). „Wir haben Berge von Sorgen, aber Jesus sagt, sorgt euch nicht.“

Im Haus am Ruckerlberg wird ökumenische Zusammenarbeit gelebt: Bei den wöchentlichen Gottesdiensten wechseln sich Elisabeth Pilz und drei evangelische Pfarrer mit einem Priester der Pfarrgemeinde Herz Jesu ab. Schon seit 15 Jahren betreut von Christine Stock, in vier Monaten selbst 80 Jahre alt, die unter anderem Mesnerdienste leistet. „Ja, ich mache das wirklich gern und spüre dabei auch die Dankbarkeit für mein eigenes Leben.“

[p]Am Schluss des Gottesdienstes überraschen die Kinder mit selbstgebastelten bunten Mandalas als Erinnerung an diesen Moment, dann geht es zur Agape. Ein Gläschen Wein und gutes Brot zur Feier des Tages, des gelungenen Augenblicks. Viele Augen strahlen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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