Interview zur Fastenserie - Frieden suchen
Eine Frucht der Gerechtigkeit
Äbtissin Dr. M. Hildegard Brem ist überzeugt, dass der Friede eine Gabe des Heiligen Geistes ist und nicht einfach vom Menschen gemacht werden kann. In der Fastenzeit begibt sich die Zisterzienserin auf die Suche nach dem (inneren) Frieden und lädt dazu ein, tief in sich hineinzuhören.
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Sie gestalten heuer die Fastenserie in den österreichischen Kirchenzeitungen unter dem Titel „Frieden suchen“. Ein Schwerpunkt dabei ist: Der Friede in mir. Was sind aus ihrer Sicht die goldenen Regeln für „meinen inneren“ Frieden?
Äbtissin Hildegard Brem: Ich glaube, dass der Friede im eigenen Herzen dann besonders gut wachsen kann, wenn ich zu mir selbst komme, in meiner inneren Mitte bin, wenn ich wahrnehme, was in mir vorgeht, und das zu ordnen versuche. Das ist das genaue Gegenteil von unserer menschlichen Neigung, in die Oberflächlichkeit und Zerstreuung zu fliehen und der Begegnung mit uns selbst auszuweichen. Ich glaube auch, dass unser tiefes Inneres sehr sensibel dafür ist, ob unsere Lebensführung unserer Berufung und unserer tiefen Sehnsucht entspricht oder nicht. Wenn ja, so schenkt das tiefe innere Erfüllung und Frieden.
Von Ihnen stammt auch der markante Satz: Frieden ist alles andere als kitschig. Was meinen Sie damit?
Brem: Friede im Herzen und Friede in Beziehungen sind ein Sehnsuchtsziel wohl aller Menschen. Ich wollte mit diesem Satz zum Ausdruck bringen, dass diese Sehnsucht nicht einfach durch ein paar äußere Maßnahmen zu erreichen ist, sondern ein hochgestecktes und stets angefochtenes Ziel bleibt.
Was ist im Zusammenhang mit Friede Ihre Lieblingsbibelstelle?
Brem: Ich freue mich immer, wenn in der Osterzeit die Stelle aus den Abschiedsreden gelesen wird: Frieden hinterlasse ich euch, meinen Frieden gebe ich euch. Nicht wie die Welt ihn gibt, gebe ich ihn euch (Joh 14,27). Das ist für mich eine wunderbare Verheißung, macht mir aber auch klar, dass der Friede Jesu nicht einfach billig und oberflächlich zu haben ist, sondern seine Wurzel in der tiefen Verbundenheit mit ihm hat.
Wie leben Sie persönlich Frieden bzw. wie gehen Sie im Kloster mit Konflikten um?
Brem: Ich glaube, dass ein Mensch, der seine Berufung gefunden hat, Frieden um sich verbreitet. Da muss er gar nichts Besonderes leisten. Ich hoffe, ein solcher Mensch zu sein. Natürlich sind mein Leben und das Leben in unserer Gemeinschaft trotzdem keine Idylle. Wir bemühen uns in unserer Gemeinschaft seit etlichen Jahren, auftretende Meinungsverschiedenheiten und Konflikte aufrichtig und offen zu besprechen und eine gute gemeinsame Lösung zu finden. Ich glaube, dass wir da schon gewisse Fortschritte gemacht haben, aber wir sind immer noch am Lernen …
Friede ist ein kostbares Gut. Das Verlangen danach ist – angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage – besonders groß. Wie kann es uns Ihrer Meinung nach gelingen, Frieden zu sichern bzw. langfristig zu bewahren?
Brem: Ich muss beim Nachdenken über den Weltfrieden immer wieder an das Wort des heiligen Augustinus denken, das ich auch schon in der Bibel gefunden habe: Der Friede ist eine Frucht der Gerechtigkeit. Wenn in den Beziehungen zwischen den Völkern oder innerhalb eines Landes Ungerechtigkeit herrscht, so kann man nie einen dauerhaften Frieden erreichen. Vielleicht kann man gewaltsam Konflikte unterdrücken, aber von Friede und Harmonie ist das meilenweit entfernt. Außerdem machen mir die vielen Konflikte bewusst, dass der Friede eine Gabe des Heiligen Geistes bleibt und nicht einfach von Menschen zu produzieren ist, auch wenn sie sich große Mühe geben. Man muss für ihn mit allen Kräften arbeiten und gleichzeitig mit viel Vertrauen um ihn beten!
Wie sieht Ihre persönliche Fastenzeit aus? Wie darf man sich die Fastenzeit in Ihrem Kloster vorstellen?
Brem: Wir führen immer ein sehr einfaches Leben des Gebetes in einer Atmosphäre der Stille. In der Fastenzeit wird es noch ein wenig intensiver durch zusätzliche Gebetszeiten und gewisse Einschränkungen beim Essen und Naschen. Außerdem nimmt sich jede Schwester persönlich eine Kleinigkeit vor, woran sie in der Fastenzeit arbeiten möchte, und bespricht das mit der Äbtissin. Das schreibt schon der heilige Benedikt in seiner Regel vor. Er möchte auf diese Weise sicherstellen, dass die Vorsätze maßvoll und vernünftig sind.
Die Fastenzeit ist eine (innere) Vorbereitung auf Ostern. Welche Bedeutung hat das Osterfest für Sie persönlich?
Brem: Das Osterfest ist für mich ein großes Fest der Hoffnung. Ich kann stundenlang vor der brennenden Osterkerze sitzen oder knien und schweigend alles Unerlöste in mir selbst, in meiner Gemeinschaft und in der Welt dem Auferstandenen hinhalten, damit sein österliches Leben es verwandelt und erneuert. Dieses Fest gibt mir die Hoffnung, dass das Gute stärker ist als das Böse und das Leben stärker ist als der Tod, weil unser Gott ein Gott des Lebens und der Liebe ist.
Wir befinden uns im Jahr des Gebets. Gibt es ein besonderes Friedensgebet, das Sie im Speziellen anspricht und das Sie mit unseren LeserInnen teilen möchten?
Brem: Ich persönlich schätze sehr das Gebet um Frieden aus dem Gotteslob, das dem heiligen Franziskus zugeschrieben wird. Es bittet um eine kreative Form des Friedens, die wirklich das Böse überwindet und zugleich bei mir selbst ansetzt.
Interview: Joachim Schwald
Frieden suchen
Die Zisterzienserin Dr. M. Hildegard Brem (geb. 1951 in Wien) ist Äbtissin der Abtei Mariastern-Gwiggen in Hohenweiler in Vorarlberg und begleitet mit ihren Beiträgen zum Thema „Frieden“ durch die Fastenzeit.
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Herr, mach mich zu einem Werkzeug deines Friedens,
dass ich liebe, wo man hasst;
dass ich verzeihe, wo man beleidigt;
dass ich verbinde, wo Streit ist;
dass ich die Wahrheit sage, wo Irrtum ist;
dass ich Glauben bringe, wo Zweifel droht;
dass ich Hoffnung wecke, wo Verzweiflung quält;
dass ich Licht entzünde, wo Finsternis regiert;
dass ich Freude bringe, wo der Kummer wohnt.
Herr, lass mich trachten,
nicht, dass ich getröstet werde, sondern dass ich tröste;
nicht, dass ich verstanden werde,
sondern dass ich verstehe;
nicht, dass ich geliebt werde, sondern dass ich liebe.
Denn wer sich hingibt, der empfängt;
wer sich selbst vergisst, der findet;
wer verzeiht, dem wird verziehen;
und wer stirbt, der erwacht zum ewigen Leben.
Franz von Assisi (zugeschrieben)
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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