Vor den Vorhang
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- Ihrer Berufung folgten einst auch P. Karl Schnepps OFM und Sr. Josefa Maria Paschek OCD: Er trat vor 16 Jahren bei den Franziskanern ein, sie vor drei Jahrzehnten in den Karmel.
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Ordensleben heute. Ein Franziskaner und eine Karmelitin geben Einblick in ihren Alltag im Kloster.
Im Jahr 1997 von Papst Johannes Paul II. am Kirchfest „Mariä Lichtmess“ eingeführt, soll der Tag des geweihten Lebens die Wertschätzung von Orden und anderen Gemeinschaften geistlichen Lebens fördern. Zwei steirische Ordensleute berichten über ihr Klosterleben.

- P. Karl Schnepps OFM
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Pater Karl, Sie sind Ordensmann und Priester. Was unterscheidet geweihte Menschen wie Sie von nicht geweihten wie mir?
P. Karl Schnepps OFM: „Weihe“ bedeutet, in einem öffentlichen Akt zu versprechen, eine bestimmte Lebensform zu führen. Als Ordensbruder habe ich mich öffentlich verpflichtet zur Suche nach Gott, nach dem Heil in der Welt und dazu, Heil zu bringen, wo Unheil ist. Das kann auch jemand, der nicht geweiht ist. Der Unterschied zwischen Ihnen und mir ist in diesem Fall tatsächlich nur das öffentliche Versprechen. Das Ordensleben ist eine Form, das Evangelium zu leben, und Armut, Gehorsam und Keuschheit sind ein Versuch, das eigene Leben transparent zu machen für das Wort Gottes. Das Leben ist ja immer ein Versuch.
Armut, Gehorsam, Keuschheit: Welches der drei ist ihr „Lieblingsgelübde“?
P. Karl: Die Armut. Und ich denke, ein bisschen mehr davon würde uns allen guttun. Ein Mitbruder hat das einmal schön formuliert: „Die Währung heutzutage ist die Aufmerksamkeit.“ Im Internet, in den sozialen Netzwerken bezahlen wir genau damit. Instagram und Tiktok möchten, dass wir möglichst viel Zeit auf diesen Plattformen verbringen. Demzufolge wäre unser Gelübde der Armut ja tatsächlich ein Verzicht auf Aufmerksamkeit – zum einen, nicht alle Aufmerksamkeit auf mich ziehen zu wollen. Und zum anderen müsste ich mich fragen, wie ich selbst mit meiner Aufmerksamkeit umgehe. Wie viel investiere ich in die Beziehung zu Gott und den konkreten Menschen, und wie viel investiere ich in Social Media?
… und die anderen beiden Gelübde?
P. Karl: Die drei Gelübde oder „evangelischen Räte“ sind, in der Form, wie wir sie leben, ein Mittel, das Evangelium konkret werden zu lassen. Neben der Armut ist es der Gehorsam, also das Hören auf Gottes Wort und das Hören aufeinander. Mit Keuschheit ist gegenseitiger Respekt gemeint. Der heilige Franziskus nennt das Wasser im Sonnengesang „keusch“, weil es klar ist, transparent, durchsichtig. Es geht darum, durchsichtig zu werden hin auf das Reich Gottes: Dass wir uns nicht Dinge aneignen, die uns nicht gehören, dass wir den Respekt gegenseitig bewahren. Wie viele Menschen außerhalb eines Ordens lebe ich diese drei evangelischen Räte – mit dem Unterschied, dass ich sie öffentlich versprochen habe und dass ich sie in einer bestimmten Form lebe, der Ehelosigkeit. Die Form unterscheidet mich von Nicht-Ordensleuten, nicht aber der Inhalt.
Warum ist Ehelosigkeit wichtig?
P. Karl: Vielleicht kann ich es an einem Beispiel veranschaulichen: Wenn ich durch die Stadt gehe im Habit, also meinem einfachen Ordensgewand, assoziieren die Menschen etwas damit – ob sie gläubig sind oder nicht. Sie verbinden damit Gedanken wie: „Der hat keine Frau“, oder: „Der hat vielleicht Zeit, den kann ich ansprechen“, oder vielleicht auch: „Der hat Almosen für mich“. Damit mein Ordensleben nicht zur Heuchelei wird, muss ich mich ansprechen lassen, und ich muss ansprechbar bleiben. Das ist einfacher, wenn man keine Fürsorgepflichten hat und nicht verheiratet ist.
Umgekehrt hat sich die Ehelosigkeit auch gesellschaftlich gewandelt. Heute ist es nicht mehr erschreckend, wenn Menschen unverheiratet sind. Viele leben unverheiratet in Partnerschaften oder als Singles. Ich hingegen lebe nicht als Single, sondern ich lebe eine Ehelosigkeit um des Himmelreiches Willen, genau: Um für das Himmelreich auf Erden da zu sein. Insofern verstehe ich mich auch als Wegweiser hin auf eine andere Realität. Als Ordensmann bin ich Hinweis darauf, dass es noch eine andere Realität gibt, auf die ich hinlebe. Dass es auf Erden nicht Schluss ist, sondern dass es noch weitergeht. Das ist das eschatologische Zeichen, das das Ordensleben sein soll.
Im Franziskaner-Kloster in Graz leben Sie mit zehn weiteren Mitbrüdern. Haben Sie auch Beziehungen zu Nicht-Ordensleuten?
P. Karl: Ja, und das ist für mich sehr wichtig. Die Beziehung zu meinen drei Geschwistern etwa bedeutet mir viel oder zu den Mitgliedern unseres theologischen Lesekreises, und ich freue mich immer, wenn ich außerhalb des Klosters angesprochen werde. Eine ganz schöne Freundschaft etwa habe ich mit einem Atheisten in meinem Alter. Die Gespräche mit ihm können wahnsinnig anstrengend sein, aber zugleich ist es interessant, wie oft wir auf einen gemeinsamen Nenner kommen, obwohl wir von ganz unterschiedlichen Standpunkten aus starten. Vor ein paar Jahren kamen wir im Zuge seiner bevorstehenden Hochzeit auf die Themen Ehe, Profess und Ordensleben zu sprechen, und er sagte: „Dieses eine Ja, das man gegeben hat, hält man nur durch, wenn man zu vielem anderen Nein sagt.“ Ein Verzicht zugunsten etwas ganz Besonderem ist etwas sehr Schönes. Und so ist es auch im Ordensleben.

- Sr. Josefa Maria Paschek OCD
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Sr. Josefa Maria ist seit 30 Jahren Karmelitin in Bärnbach.
Schwester Josefa Maria, 2022 feierten Sie das Silberne Professjubiläum. Würden Sie heute wieder ins Kloster gehen?
Schwester Josefa Maria Paschek: Ja, weil das meine Berufung ist. Deshalb habe ich bis heute auch durchgehalten (lacht).
Das klingt sehr klar. Wann haben Sie Ihre Berufung zum ersten Mal verspürt?
Sr. Josefa: Schon früh. Im Alter zwischen 14 und 16 war ich in einer zweijährigen Hauswirtschaftsschule. Beim Herstellen von Handarbeiten für die spätere Familie habe ich klar im Herzen gespürt: Nein, das alles brauche ich nicht. Ich habe viel gelesen, über dem Wort Gottes meditiert und im Gebet um eine Entscheidung gerungen, und mein ursprüngliches Gefühl wurde immer stärker: Ich wollte mit Jesus sein und betend in Beziehung leben mit ihm.
Wie erkennt man, ob die Entscheidung für ein Ordensleben richtig ist?
Sr. Josefa: Im Inneren merkt man das. Ich vergleiche es mit dem Geheimnis zwischen zwei Brautleuten. Außenstehende können oft nicht nachvollziehen, warum die beiden einander lieben und miteinander leben wollen, aber für das Paar ist es ganz eindeutig. Genau so ist es im Falle einer Berufung.
War für Sie von Anfang an klar, in einen „Schweigeorden“ einzutreten?
Sr. Josefa: Ich habe unterschiedliche Gemeinschaften kennengelernt, war einige Male bei den Comboni-Missionarinnen oder bei den Don-Bosco-Schwestern. Aber ich habe nie vernommen, dass Jesus mich dorthin ruft. Als ich als 18-Jährige Exerzitien bei einem Karmeliten gemacht habe, habe ich gespürt, dass mich diese Spiritualität anspricht.
Was unterscheidet ein Leben im Karmel von einem Leben in einer nicht kontemplativen Ordensgemeinschaft?
Sr. Josefa: Wir leben in päpstlicher Klausur und haben kein äußeres Apostolat. Andere Orden sind „tätig“, das heißt sie arbeiten mit Menschen. Wir glauben, dass unser Gebet und unsere Hingabe für die Kirche und die Menschen fruchtbar sein wird. Im Orden habe ich unterschiedliche, ganz alltägliche Aufgaben zu erfüllen, aber ganz wichtig ist, für die Anliegen von Menschen zu beten.
Interviews: Anna Maria Steiner



Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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