Wem schreibt Paulus seine Briefe? | Teil 01
Das Zentrum ist das Ziel
Unübersehbar ragt die weiße Kuppel des Petersdomes in den Himmel über Rom. Sie markiert majestätisch, eindrucksvoll und elegant den Zielpunkt unzähliger Pilger und Touristen, die über die Ewige Stadt herfallen – im Heiligen Jahr 2000 waren es 40 Millionen. Michelangelos Kuppel erhebt sich über dem Grab des Apostels Petrus, den Jesus als den Fels bezeichnet hat, auf dem seine Kirche gründet. Weitaus zurückhaltender sind da die Spuren, die auf die Anwesenheit des Paulus in Rom hinweisen. Während der Nachfolger des Petrus und die Leitung der Weltkirche hinter den hohen Mauern des Vatikan residieren, steht die Basilika St. Paul vor den Mauern. Um den einen bildete sich das Zentrum, der andere blieb an der Peripherie.
Aber auch St. Paul wurde öfters zum Schauplatz bedeutsamer Ereignisse für die Kirche. In der Kreuzkapelle der Basilika legten Ignatius von Loyola und seine ersten Gefährten ihre Ordensprofess ab. Hier hat am 25. Jänner 1959 Papst Johannes XXIII. angekündigt, ein neues Konzil einzuberufen. Es sollte der Kirche den entscheidenden Impuls geben, hinter den Mauern des Traditionalismus hervorzutreten und der heutigen Welt offen zu begegnen. Der Geist findet immer wieder ein Schlupfloch, um unsere festgefahrenen Ordnungen aufzubrechen, und gelegentlich hat dabei der hl. Paulus seine Hände im Spiel.
Nach Rom zu reisen, hatte Paulus lange geplant, und es passt gut in seine Geschichte, dass er schließlich als Gefangener dorthin kommen sollte. Denn er war ganz gefangen von der Botschaft Christi und hat sich zu deren Sklaven gemacht. Er trug wesentlich dazu bei, dass der Glaube aus dem jüdischen Kulturkreis heraustrat, gemäß dem Auftrag des Auferstandenen: „Ihr werdet meine Zeugen sein bis an die Grenzen der Erde“ (Apg 1,8). Um die Grenzen zu erreichen, strebte Paulus ins Zentrum. An die Grenzen der Welt reichte das Imperium Romanum, dem große Teile Europas und der ganze Mittelmeerraum angehörten. In der Kaiserstadt Rom, einer blühenden Metropole, war die ganze Welt anwesend, es gab auch bereits eine Christengemeinde.
Die Christen befanden sich allerdings in einer äußerst prekären Lage. Unter Kaiser Nero wurden bereits Christen verfolgt und für den Brand im Jahr 64, der halb Rom in Schutt und Asche legte, verantwortlich gemacht. Die Todesstrafe wurde als grausames Schauspiel im Zirkus vollzogen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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