Positionen - Leopold Neuhold
Trost und Übung

Nach einer komplizierten Handoperation ist die Patientin niedergeschlagen. Der Arzt versucht sie zu trösten: „Nach nur einem Monat werden Sie Klavier spielen können!“ Die so Getröstete: „Das ist wunderbar: Ich kann nämlich gar nicht Klavier spielen!“

Ein versuchter Trost, der nicht mit den Gegebenheiten rechnet, wird leicht zu einer nicht einholbaren Ver-tröstung. Auf der anderen Seite führt der Einbruch des Augenblicks, der die gegenwärtige Herausforderung als nicht zu bewältigen erscheinen lässt, zu Trostlosigkeit und Niedergeschlagenheit. Angesichts der großen Krise scheint es keine Hoffnung zu geben. Bleibt die Rede vom Tröster-Geist angesichts dieser Herausforderungen nicht nur leeres Gerede? „Wenn es wenigstens ein Geist des Trostpflasters wäre!“, so wird mancher, überwältigt von der Größe der Herausforderung, sagen. Aber kann nicht durch den Geist die Verengung auf uns selbst und den Augenblick aufgebrochen werden? In Zusammenhängen zeigen sich Möglichkeiten. Wir haben mit diesem Geist und mit anderen zusammen schon manches geschaffen, das macht Mut.

Vielleicht kann die Frau dann doch das Klavierspielen erlernen: Die Voraussetzungen sind durch die Operation gegeben. Jetzt gilt es zu üben.

Leopold Neuhold

redaktion@sonntagsblatt.at

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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