Offen gesagt - Mouhanad Khorchide
Mehr als Distanzierung

Foto: P. Grewer

Wie ist die Stimmung unter Muslimen nach dem islamistischen Anschlag in Solingen/Deutschland und was ist an der Zeit?

Einerseits gibt es immer die Angst unter Muslimen, dass sie unter Generalverdacht geraten. Auf der anderen Seite sehe ich auch die Forderung der Gesellschaft nach Distanzierung. Aber es braucht nicht nur Distanzierung, sondern es ist an der Zeit, sich Maßnahmen zu überlegen, die Teil der Lösung sein sollen. Z. B. wissen wir heute, dass Radikalisierung großteils nicht in Moschee-Gemeinden stattfindet, sondern über Social Media. Die klassischen Moschee-Gemeinden müssen sich neu erfinden, Projekte ins Leben rufen – z. B. Alternativ-Angebote auf Social Media, um junge Menschen zu erreichen. Da ist ein Vakuum, von dem Islamisten profitieren. (…) Und dieses Vakuum kann nur von Muslimen gefüllt werden! (…) Auch durch den islamischen Religionsunterricht an den Schulen.

Wir müssen differenzieren: Nicht jeder Muslim ist ein Attentäter. Aber wir können nicht sagen: Das alles hat nichts mit dem Islam zu tun. Das wäre naiv und unverantwortlich. Islamisten berufen sich auf die heiligen Schriften und bestimmte Auslegungen. Wir brauchen dringend alternative Auslegungen. Es ist Zeit, die Muslime und auch uns TheologInnen in die Pflicht zu nehmen.

Auszug aus einem Interview mit WELT TV (26.08.2024).

Mouhanad Khorchide ist Professor für Islamische Religionspädagogik an der Uni Münster.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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