Ukraine
Der Krieg schärft den Blick

Der Dominikaner Jarosław Krawiec erzählt vom dritten Kriegs-Ostern in der Ukraine und erklärt, warum viele Menschen, besonders ältere und kranke, auch aus umkämpften Gebieten nicht weggehen. | Foto: privat
  • Der Dominikaner Jarosław Krawiec erzählt vom dritten Kriegs-Ostern in der Ukraine und erklärt, warum viele Menschen, besonders ältere und kranke, auch aus umkämpften Gebieten nicht weggehen.
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Ukraine. Der Dominikaner Jarosław Krawiec koordiniert Hilfen und erzählt von den „Lehren“ des Krieges.

Um zum Auferstehungs-Sonntag zu gelangen, muss man in der Tat zuerst durch das österliche Triduum gehen, durch den Karfreitag, durch die Leere des Karsamstags. Und wenn wir Ostern in der Ukraine erleben, dann gibt es natürlich in uns Gläubigen die echte, lebendige Freude, dass der Herr auferstanden ist, dass er den Tod und die Sünde besiegt hat. Aber es gibt auch eine tiefe Erinnerung an seine Passion, an sein Leiden, an das Unrecht, das an Jesus Christus begangen wurde. Und diese Erinnerung beruht auf der Erfahrung des menschlichen Leidens, der Gewalt, der Zerstörung, all dessen, was der Krieg schon gebracht hat und leider auch jeden Tag bringt“, so P. Jarosław Krawiec, der in der Ukraine als Provinzial-Vikar der Dominikaner wirkt und auch nach dem Kriegsausbruch stets an der Seite der Gläubigen geblieben ist. Dabei nimmt er eine zentrale Rolle bei der Koordination der Hilfen seitens der Dominikaner ein.

Mittlerweile erlebten die Menschen schon das dritte Kriegs-Ostern, fielen die ersten Raketen am 24. Februar 2022 fast zu Beginn der Fastenzeit. Nur wenige Wochen zuvor hatten die röm.-kath. Bischöfe in der Ukraine das Jahr zum „Jahr des Heiligen Kreuzes erklärt“, erinnert der Ordensmann: „Dies war meiner Meinung nach eine äußerst prophetische Entscheidung, denn mit dem Beginn des Krieges standen wir wirklich unter dem Kreuz Christi.“

Zusammen mit Freiwilligen reist der Dominikaner regelmäßig in die durch die russische Besatzung verwüstete Gegend: „Ich denke da zum Beispiel an Cherson, eine Stadt, die durch den Fluss Dnjepr getrennt ist. Auf der anderen Seite des Flusses befinden sich russische Truppen, die die Stadt regelmäßig beschießen. Trotzdem bleiben viele Einwohner dort. Das sind vor allem Ältere oder Kranke, die sagen: ,Wohin sollen wir gehen, wovon sollen wir leben?‘ Sie ziehen es vor, in ihren Häusern und Wohnungen zu bleiben, auch wenn dies ein Risiko für ihr Leben darstellt.“

Eine schmerzhafte Lektion

Die Menschen sagen ihm oft, dass sie „für den heutigen Tag“ leben, so der aus Polen stammende Dominikaner: „Heute ist die Zeit, aus der ich das Beste machen kann. Ich denke, das ist eine Lektion für alle. Der Krieg schärft unseren Blick für die wichtigsten Dinge. Aber es hat keinen Sinn, auf den Krieg zu warten, möge er nie nach Polen oder in ein anderes Land kommen. Es lohnt sich, die schmerzhafte Lektion zu nutzen, die das ukrainische Volk gerade lernt, und zu lernen, diese oft kleinen, aber im Alltag so wichtigen Dinge zu sehen. Wir sollten wichtige Dinge nicht auf morgen, übermorgen oder nächstes Jahr verschieben, weil sie dann vielleicht ganz anders aussehen.“

B. Zajączkowska u. C. Seuss/Vatican News

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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