Seligsprechung
Pflege ist ihre Mission
Vorauer Schwestern. Für die Gründerin Barbara Sicharter und die Novizin Maria Krückl laufen Seligsprechungsprozesse.
Das Leben von Barbara Sicharter (1829–1905) führt uns in eine Zeit zurück, in der Frauen im Regelfall ihre Versorgung in Ehe oder Familie hatten. Wollte eine Frau ein „geistliches Leben“ führen, so erfolgte dies durch den Eintritt in eine geistliche Frauengemeinschaft, der jedoch nur wenigen möglich war.
Der Weg der Wenigzeller Bauerntochter Barbara Sicharter war ein anderer. 1865 begann sie mit drei Gefährtinnen ein gemeinsames Leben, um mit diesem – wie es später die Chronik ihrer Gemeinschaft festhalten sollte – „Gott durch Gebet, Entsagung, Abtötung und Arbeit zu dienen“. Der Vorauer Chorherr Karl Englhofer war der geistliche Begleiter dieser Hausgemeinschaft im sogenannten „Toni-Häusl“ in Vorau und gab ihr eine erste Alltags- und in gewissem Sinn auch Lebensordnung. Im Mittelpunkt stand das Gebet. Handarbeiten sollten ein kleines Zusatzeinkommen verschaffen, ehe Englhofer den vier Frauen die Kranken-, Siechen-, Armen- und Altenpflege als weitere Aufgabe und konkretes Apostolat zuwies.
Die blauen Schwestern. Eine medizinische Grundversorgung war in dieser Zeit auf dem Land kaum gegeben. Die Frauen aus Vorau fanden hier ein reiches Betätigungsfeld. Aufgrund ihrer Herkunft waren sie bei ihrer Tätigkeit in bäuerlichen Haushalten vielseitig einsetzbar. Ihre Kleidung richtete sich nach den regionalen Gepflogenheiten mit blauen Kleidern. Aus dieser Zeit stammte auch die erste Bezeichnung für die Gemeinschaft: „Blaue Schwestern“. Teile der Öffentlichkeit reagierten in den ersten Jahren auf die Tätigkeit mit zum Teil heftiger Kritik. Doch zunehmend verstummten solche Anfeindungen. Im Gegenteil: 1876 konnte Barbara Sicharter mit Zustimmung der Behörden ein Privatkrankenhaus für 16 Patienten einrichten, der Grundstein für das heutige Vorauer Krankenhaus.
Auf Mission gehen. Als dann Mutter Barbara Sicharter am 9. Februar 1905 starb, stand ihre Gründung auf einer soliden Basis. Die Jahrzehnte des Aufbaus hatten jedoch auch ihre Kehrseiten: Der zeit- und kräfteraubende Dienst im Krankenhaus, insbesondere aber in der Hauskrankenpflege, für die mitun-ter weite Wegstrecken zurückgelegt werden mussten, führte manches Mitglied an die Grenze seiner physischen und psychischen Belastbarkeit. Barbara Sicharter sah die Kranken-, Siechen-, Armen- und Altenpflege als Missionstätigkeit, wie an ihrem Satz „Ihr geht auf Mission!“ deutlich wird. In ihrer äußeren Erscheinung glichen sich die Mitglieder seit 1898 geistlichen Gemeinschaften an, indem sie nunmehr bereits eine ordensähnliche Kleidung trugen. 1928 wurden die einstigen „Blauen Schwestern“ auch kirchenrechtlich zu einer geistlichen Frauengemeinschaft (Kongregation).
Dienst am Nächsten. Dem Beispiel von Mutter Barbara Sicharter und ihren ersten Gefährtinnen folgten seit 1865 rund 200 Frauen, die in unterschiedlichsten Arbeitsfeldern und in zahlreichen Niederlassungen (Pöllau, Weiz, Schäffern, Pinggau, Graz, Gleisdorf, Hartberg), die von Vorau aus bis weit ins 20. Jahrhundert geführt worden waren, ihr Leben in den Dienst am Nächsten stellten und stellen.
Der Gewalt widerstanden. Zu diesen Frauen hatte auch Margareta Krückl (1918–1945) gehört. Auch sie stammte aus einer Bauernfamilie in Wenigzell und war daher mit schweren Arbeiten von Kindheit an vertraut. 1944 trat sie in die Vorauer Kongregation ein, begann ihr Noviziat und erhielt den Ordensnamen Maria.
Als sich im April 1945 die Front Vorau näherte, kehrte Sr. Maria auf Rat ihrer Oberin in ihr Elternhaus zurück. Dort wurde sie am 8. April 1945 von einem russischen Soldaten, der ihr Gewalt antun wollte und gegen den sie sich heftig wehrte, getötet.
Peter Wiesflecker
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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