Stichwort: Weltfriedenstag
Ein entwaffnetes Herz

Als eines der Kennzeichen für das „Gnadenjahr des Herrn“ nennt der Prophet Jesaja, dass die Freilassung der Gefangenen ausgerufen wird. Zeichenhaft dafür öffnete Papst Franziskus am 26. Dezember die Heilige Pforte im Rebibbia-Gefängnis in Rom | Foto: KNA
  • Als eines der Kennzeichen für das „Gnadenjahr des Herrn“ nennt der Prophet Jesaja, dass die Freilassung der Gefangenen ausgerufen wird. Zeichenhaft dafür öffnete Papst Franziskus am 26. Dezember die Heilige Pforte im Rebibbia-Gefängnis in Rom
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Die Friedensbotschaft von Papst Franziskus zum 1. Jänner knüpft an die alte jüdische Tradition
des „Jobeljahres“ an, wonach alle 50 Jahre die Schulden erlassen worden sind.

Vergib uns unsere Schuld, schenke uns deinen Frieden“, unter diese Bitte stellt Papst Franziskus seine Weltfriedensbotschaft zum Beginn des Jahres 2025, das als Heiliges Jahr ausgerufen ist. Im Bezug auf das sogenannte Jubeljahr der jüdischen Tradition nimmt der Papst dabei den Gedanken der Entschuldung auf.
Das Jubeljahr bezeichnete einen Neubeginn, mit dem den Fehlentwicklungen der vorausgegangenen fünf Jahrzehnte im Rückgriff auf die ursprünglichen Verhältnisse entgegengewirkt werden sollte. Das Ziel liegt somit nicht nur in der Wiederherstellung der alten Zustände, sondern in der Suche nach Grundlegung und Verwirklichung einer neuen Ordnung mit dem Ziel, „die Gerechtigkeit Gottes in den verschiedenen Lebensbereichen wiederherzustellen: im Bereich der Nutzung des Landes, des Besitzes von Gütern, der Beziehung zum Nächsten, insbesondere zu den Ärmsten und den in Ungnade Gefallenen.“
Diese Wiederherstellung bedeutet nicht die Wiederholung eines früheren Zustandes, sondern besteht im Bemühen, die Absicht zu ergründen, die Gott mit seiner Welt hatte, auch im Blick auf das, was in den vergangenen Jahren fehlgelaufen ist. Es geht darum, „auf der ganzen Erde die befreiende Gerechtigkeit Gottes zu suchen“.

Mehr als Interessenausgleich
Gerade im Blick auf diese Gerechtigkeit Gottes zeigt sich die Notwendigkeit eines Blickwechsels. Gerechtigkeit Gottes besteht nicht nur im Ausgleich der Interessen zweier Personen oder Gruppen, welcher Größe auch immer. Wenn dieser Ausgleich nur auf der Ebene der Interessen vollzogen wird, führt das zu einer Verengung auf eine Haltung, bei der ein Vorteil des anderen einen Verlust auf der eigenen Seite darstellt. Die Erweiterung von Gerechtigkeit auf Gott hin, der mich trägt und in dessen Hand ich geborgen bin, führt dazu, dass ich nicht krampfhaft meine Interessen aus Existenzängsten gegen den anderen verfolgen muss, sondern dass ich das gemeinsame Ziel sehen kann.

Der Papst knüpft einen solchen befreiten Blick an die Erkenntnis, dass wir alle Schuldner sind, weil wir das, was wir haben, Gott verdanken und in ihm einen befreienden Halt finden können. „In seiner unendlichen Barmherzigkeit lässt der Herr die Menschen, die sich gegen ihn versündigt haben, jedoch nicht im Stich, sondern bestätigt die Gabe des Lebens mit der Vergebung des Heils, das allen durch Jesus Christus angeboten wird.“ Das Wort des Kirchenvaters Isaak von Ninive: „Deine Liebe ist größer als meine Schuld“ weist auf diese Tatsache hin.

Globale Ungerechtigkeiten
Nun aber entwickelt jedes politische und gesellschaftliche System auch Ungerechtigkeiten: „Ebenso wie die Eliten zur Zeit Jesu von den Leiden der Ärmsten profitierten, erzeugt das internationale System heute im vernetzten globalen Dorf Ungerechtigkeiten“; Ungerechtigkeiten, die den Nährboden für Gewalt bilden. Um dem entgegenzuwirken, schlägt der Papst drei Maßnahmen vor:
1. Einen Schuldenerlass, der schon oft gefordert worden ist, nun aber vom Papst mit dem Gedanken der Rückzahlung der ökologischen Schulden durch die wohlhabenderen Länder verknüpft wird. Dieser Schuldenerlass darf nicht als ein isolierter Akt der Wohltätigkeit gestaltet sein, sondern es bedarf einer neuen Finanzarchitektur, auch zu dem Zweck, dass das Spiel der Verschuldung durch ein Verhalten wie früher von vorne anfängt.
2. Die Achtung der Menschenwürde. Der Papst fordert eine feste Verpflichtung zur Förderung der Achtung der Würde des menschlichen Lebens, um allen Menschen Hoffnung zur umfassenden Enfaltung ihrers Lebens zu geben.
3. Einen Weltfonds gegen Hunger. Die Verwendung eines festen Prozentsatzes des Rüstungsetats für einen Weltfonds, der den Hunger beseitigen „und in den ärmsten Ländern Bildungsmaßnahmen zur Förderung einer nachhaltigen Entwicklung ermöglichen soll, die dem Klimawandel entgegenwirken.“

Das Herz entwaffnen
Dazu braucht es für Papst Franziskus einen neuen Ansatz, ein neues Herz: „Suchen wir den wahren Frieden, den Gott einem entwaffneten Herzen schenkt: einem Herzen, das nicht darauf versessen ist, zu berechnen, was mir gehört und was dir gehört; einem Herzen, das den Egoismus ablegt und bereit ist, den anderen die Hand zu reichen; einem Herzen, das nicht zögert, sich als Schuldner Gottes zu bekennen und deshalb bereit ist, die Schulden zu erlassen, die den Mitmenschen belasten; einem Herzen, das die Mutlosigkeit im Hinblick auf die Zukunft mit der Hoffnung überwindet, dass jeder Mensch eine Bereicherung für diese Welt ist.“Leopold Neuhold

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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