18. Sonntag im Jahreskreis | 4. August 2024
Meditation

Foto: Adina Voicu, CC 0

Vom Erwachen

Sicher: Die Morgenstunde ist nicht jedermanns Sache, und sie hat, entgegen einem bekannten Sprichwort, nicht für jeden Gold im Mund. Charakter und Temperamente sind verschieden. Es gibt den ausgesprochenen Morgenmuffel, für den sich die erste Stunde eher wie Blei anfühlt, der, obwohl aufgestanden, einfach nicht vom Fleck kommt. Max Frisch beurteilte den Schweizer in einer Kritik an seinen Landsleuten als einen solchen Typen: „Die Schweizer stehen früh auf, erwachen aber spät!“ – Unabhängig von nationaler Zugehörigkeit gibt es solche, die vom Morgenrot lieber geweckt werden, als dass sie es selber wecken. Wie es Bettflüchtige gibt, so auch Langsamstarter.

Dennoch ist das Gelingen eines Tagesanfangs nicht bloß Charaktersache. Aber wie es anstellen, dass am Morgen genügend Motivationen lebendig sind, um sich zu erheben? Eines sei abzuraten: nicht gleich mit der Frage nach dem Sinn des ganzen Lebens beginnen.

Wir wollen uns einem Punkt zuwenden, der in der Tradition geistlicher Meister immer wieder genannt wird: die Kultur positiver Gedanken.
Das Vertrauen wecken. Worauf sollen wir am Morgen unseren Sinn richten? Was betrachten?
Man solle, so schlägt etwa Ignatius vor, gleich nach dem Aufstehen die aufkommenden oder vorhandenen Einfälle auf eine gute Spur lenken; man solle dabei nicht zögern, sondern schnell und entschlossen sein, damit nicht umherschweifende und belastende Phantasien die Oberhand gewinnen können. Man versuche, den schlaftrunkenen Geist auf solche Bilder hinzubewegen, die das Vertrauen ansprechen und es auch zu wecken vermögen.

Nur zu gut wissen wir, was alles von Gedanken abhängt. In ihnen wird viel vorentschieden. Ja, sie sind der Beginn der Tat. Sie sind nicht einfach ein wertneutrales Feld oder gar eine Spielwiese, auf der man sich ungestraft oder ohne mit Folgen rechnen zu müssen, alles ausdenken kann. Mitten im bevorstehenden Tag werden sie Früchte tragen, je nach ihrer Art, gute oder schlechte.

Aus: Hans Schaller / Domnik Terstriep, Vom Segen in alltäglichen Dingen, Topos 2009.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ