12. Sonntag im Jahreskreis | 23. Juni 2024
Meditation

Foto: Couleur/pixabay.com

Vom Glücklichsein

Wir wissen oft nicht mehr, wo uns der Kopf steht. Mein Mann und ich sind aktiv in mehreren gemeinnützigen Vereinigungen engagiert. Ich bin in meiner Pfarre im Liturgieausschuss und gebe außerdem Religionsunterricht. Wir nehmen an vielen Treffen und Bildungswochenenden teil. Ununterbrochen überhäuft man uns mit neuen Verpflichtungen!

Daneben wollen wir unsere Ehe, unsere Familie, die Kinder, die Freunde und die Kontakte mit Arbeitskollegen und Nachbarn nicht vernachlässigen.
Kurz, wir sind überbeansprucht. Und trotz allem haben wir ein schlechtes Gewissen. Denn allem, was wir tun, steht das gegenüber, was wir unterlassen.

In vieler Hinsicht betrachten wir uns als privilegiert. Wir sind glücklich, und dessen schämen wir uns beinahe, wenn wir an die unendlichen Leiden der Menschheit denken: an Arbeitslosigkeit, Krankheiten, Elendsquartiere usw. (…) Gewiss, wir können nicht alles tun. Aber machen wir auch wirklich alles, was wir tun können?
Wir haben endlich abgeschaltet. Wir haben uns bei allen Belastungen und dem Gefühl des eigenen Unvermögens gefragt: Was würde der Herr zu uns sagen?

Wir haben das Recht, glücklich zu sein. Unser Vater im Himmel kann nicht wollen, dass wir es nicht sind.
Reichsein an materiellen Gütern, an Kultur, an Wissen, an Glück ist keine Sünde. Es bedeutet aber eine Verantwortung für andere. Redlich erworbener Reichtum braucht nie verleugnet zu werden. Aber er muss immer redlich geteilt werden. Seien wir also glücklich! Aber seien wir auch bemüht, andere glücklich zu machen! (…)

Die Anforderungen werden immer viel zahlreicher sein als unsere Möglichkeiten. Diesen Schmerz müssen wir hinnehmen. Aber wir können die Spannung teilweise verringern, die dadurch in uns entsteht. Wenn man sie bewusst annimmt, akzeptiert und Gott darbringt, ist das schon eine Linderung, weil man ihr einen Teil der Verzweiflung und Mutlosigkeit nimmt. (…)

Gott verlangt von keinem von uns, dass wir alle Probleme der Welt lösen. Aber er verlangt von der ganzen Menschheit die gemeinsame Sorge für eine gerechte Gesellschaft und eine geschwisterliche Gemeinschaft.

Michel Quoist,
in:Gott wartet auf mich (Styria 1994).

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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