14. Sonntag im Jahreskreis | 9. Juli 2023
Meditation
Hören. Hören. Antworten
Ernster lässt sich derjenige betreffen, der sich wirklich für das Gehörte interessiert und es auch verstehen möchte. Er nimmt, was gesagt wurde, auf und fragt nach. Es bleibt eine große Kunst, Gesprächspartner in ihren gedanklichen und gefühlsmäßigen Situationen zu erfassen. Genaues Reden will gelernt sein, aber auch das vernehmende und präzise Schweigen. Ganz so, wie Ignatius von Loyola seinen Mitbrüdern für das Gespräch empfiehlt: „Ich wäre langsamer im Sprechen, indem ich das Hören für mich nutze; ruhig, um die Auffassungen, Gefühle und Willen derjenigen, die sprechen, zu verspüren und kennen zu lernen, um besser zu antworten oder zu schweigen.“
Für fast jede Art von Gesprächen kann eine mittelalterliche Regel für philosophische und theologische Fachgespräche, die so genannte Disputatio, nützlich sein. Diese Regel forderte, dass niemand auf einen Gesprächsbeitrag antworten durfte, ohne sich vorher vergewissert zu haben, ihn richtig verstanden zu haben; dazu war er angewiesen, das Gehörte mit eigenen Worten wiederzugeben. Erst dann durfte die eigene Antwort kommen.
Hier ist hinzuzufügen: Eines ist es, jemanden richtig zu verstehen, ein anderes, ihn wohlwollend zu interpretieren. Man weiß von Thomas von Aquin, dass er die Intention von Aussagen seiner akademischen Gegenspieler so exakt auf den Punkt bringen konnte, dass sie sich selbst besser verstanden. Wo jemand sich bemüht, eine Aussage eher zu retten als sie zu verurteilen, da entsteht ein Raum, der ein gutes Gespräch ermöglicht. Was für den Geist eines wissenschaftlichen Gesprächs dienlich ist, gilt umso mehr für einen seelsorglich-geistlichen Austausch. Deshalb überrascht es nicht, bei Ignatius von Loyola folgende Anweisung zu finden: „Damit sowohl der, welcher die geistlichen Übungen gibt, wie der, welcher sie empfängt, mehr Hilfe und Nutzen haben, ist vorauszusetzen, dass jeder gute Christ bereitwilliger sein musss, die Aussage des Nächsten zu retten als sie zu verurteilen; und wenn er sie nicht retten kann, erkundige er sich, wie jener sie versteht; und versteht jener sie schlecht, so verbessere er ihn mit Liebe; und wenn das nicht genügt, suche er alle angebrachten Mittel, damit jener, indem er sie gut versteht, gerettet werde.“
Wenn nur ein wenig vom Geist dieser Gesprächsregel in unsere tägliche Unterhaltungen flösse, es wäre kaum auszudenken, welche Fortschritte in der allseits gesuchten Kommunikation möglich wären …
Hans Schaller, Dominik Terstriep in: Vom Segen in alltäglichen Dingen, topos taschenbücher, 2009².
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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