13. Sonntag im Jahreskreis | 2. Juli 2023
Meditation
Gott ist Klang
Heilige Orte geben dem Menschen Raum – Raum, in dem die Seele atmen darf. Kirchen sind lebendig – durch das Gebet so vieler Frauen, Männer, Kinder durch die Jahrhunderte und sogar Jahrtausende. Die Mauern – aufgerichtet aus scheinbar leblosem Stein und Ziegeln – sind quasi „durchbetet“.
Gebet ist immer individuell, es ist so unterschiedlich wie die einzelnen Menschen – vielfältig in Form und Inhalt. Die Umgebung ist dafür wichtig und hilft dabei. Sie bringt in uns etwas zum Schwingen und Klingen, so wie die Saiten eines Instruments – sie rührt uns an, und es entsteht Resonanz. Die Sinne öffnen sich, die Aufmerksamkeit steigt. Das Sehen und Hören wird schärfer, das Denken und Fühlen intensiver. Ein Prozess kommt in Gang, ein kommunikatives Geschehen beginnt.
Das Gebet kann sich in Ruhe und Stille vollziehen, und die aufsteigenden Gedanken schaffen eine Atmosphäre der Sammlung und der Harmonie. Hier vollzieht sich eine wechselseitige Dynamik.
Auch Kirchenräume zeichnen sich in ihrer jeweiligen Gestaltung durch Harmonie und Ordnung aus. Und dies sind Prinzipien, die ebenfalls in der Musik angewandt werden. So tragen also schon die Räume etwas Musikalisches in sich. Und zum Gebetsvollzug in den jeweiligen Religionen gehört eben auch die Musik als wesentlicher Ausdruck des Gebets.
Betritt man die Stiftsbasilika St. Florian bei Linz, fallen sofort die prächtigen Chorgestühle mit den beiden darüber thronenden Chororgeln auf. Die opulente Ausgestaltung dieses Ortes verweist darauf, dass die Ordensgemeinschaft stellvertretend für die ganze Welt betend vor Gott tritt. Und nicht nur die Chorherren beten, sie werden quasi unterstützt von den zahlreichen Engeln, die das Chorgestühl schmücken. Ihre unhörbaren Stimmen erheben Gebet und Gesang in höhere Sphären. Sie tun dies aber nicht nur singend, sondern auch spielend – mit Instrumenten in den Händen. Manche halten Notenblätter in den Händen, einer schwingt konzentriert den Taktstock.
Die Chororgeln werden gekrönt von den Statuen des Erzengels Gabriel und der Gottesmutter Maria. Diese Szene ist ein Ausdruck intensiver und dynamischer Beziehung, eingebettet in Musik. So gesehen ist das Reden Gottes mit dem Menschen eigentlich ein musikalisches Geschehen, von Herz zu Herz gesungen.
Klaus Sonnleitner, in: Im Paradies der Stille, Herder
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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