Fastenserie Rituale | 03
Komm, lass gut sein!

- hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion
Ein Ritual zum Ausstieg aus dem Grübeln.
Manches wird erst gut,
wenn wir es gut sein lassen.
Ernst Ferstl (*1955)
Gedankenfäden sortieren
Ach hätte ich nur … nichts gesagt, eine andere Geste gefunden, etwas (anderes) getan, meine Mimik besser kontrolliert, meine Stimme erhoben … Mein Kopf geht manchmal über … Gedanken kreisen, verfangen sich, nehmen sich viel Raum; es fühlt sich an, als hätten sie gar nicht mehr Platz in meinem Kopf. Dann denke ich an eine leere Schale, nehme mir eine zur Hand oder forme meine Hände zu einer Schale. Ich sortiere Gedankenfäden aus meinem Kopf, spreche aus wofür sie stehen. Ich kann Dinge nicht mehr ändern, ich kann sie jedoch gut sein lassen und sie vertrauensvoll hineinlegen in die Schale der Barmherzigkeit Gottes. Damit ändert sich meine Haltung zu den Dingen, mein Blick weitet sich. Ich beginne Möglichkeiten zu sehen, die auch da sind.
Symbolkraft: Eine Schale
- Leere oder Überfluss. Beides kann sich am Symbol der Schale zeigen.
- Empfangen und Hingeben. Wer die Hände zu einer Schale formt, ist bereit etwas zu empfangen, aber auch etwas zu geben.
- Schutz und Geborgenheit. Eine Schale kann etwas in sich halten, schützend aufbewahren oder anbieten.
Segen
Guter Gott,
vor dir breite ich mein Gedanken-Wirrwarr aus.
Hilf mir meine Gedankenfäden zu sortieren.
Das, was gelungen ist, nähre mein Herz.
Das, was ich nicht ändern kann,
lege ich hoffnungsvoll in die Schale deiner Barmherzigkeit.
Hilf mir, alles gut sein zu lassen,
auch das, was nicht gut ist,
im Vertrauen, dass du es vollendest.
Lass meinen Geist zur Ruhe kommen,
meine Seele Frieden finden
und mein Herz sich weiten.
Hilf mir, mit Offenheit nach vorne zu schauen,
um die Chancen zu erkennen, die mir begegnen.
Amen.
Elisabeth Aumüller ist Ritual-begleiterin und Pastoralreferentin im SR Hügelland-Schöcklland.
Instagram: segens_rituale
◉ BUCHTIPP: Anselm Grün: Die Kunst das rechte Maß zu leben. Ein Taschenseminar zum Nachdenken und Weiterwachsen.
Sein Loslassen
Pater Johannes König SJ ist Gefangenenhaus-Seelsorger in Graz.
Angenommen
Nennen wir ihn Arno. Er hat ein Ansuchen geschrieben, dass er mit dem Seelsorger reden möchte. Ich bitte, dass er zu mir zum Gespräch gebracht wird. Eine Justizwachebeamtin holt ihn von seinem Haftraum ab und begleitet ihn zur Sakristei, wo ich an einem Tisch Gespräche führe.
Der junge Mann sitzt mir gegenüber, in aufrechter Haltung, mit einem offenen Gesicht. Ich stelle mich als der katholische Seelsorger vor und frage ihn, worüber er mit mir reden möchte. Er erzählt mir geradeheraus, was er alles angestellt hat: Drogenkonsum, Schlägereien, Einbrüche, Betrügereien ... Und auf einmal erklärt er mir, dass er froh sei, dass er erwischt und verhaftet worden sei; denn damit sei ein Strich unter sein Leben der vergangenen Jahre gezogen, und er könne neu beginnen.
Ich bin echt erstaunt; so etwas höre ich selten. Ich danke ihm für seine Offenheit und gratuliere ihm zu seinem Vorhaben, neu anzufangen. Dann frage ich ihn ebenso geradeheraus: „Haben Sie jemanden, der oder die Sie dabei unterstützt?“ Gott stehe Dir bei, kommt mir ein Stoßgebet in den Sinn.




Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
Kommentare