Dreifaltigkeitssonntag | 4. Juni 2023
Meditation

Einer im Dreiklang

Jedes Menschenleben ist geprägt durch vielerlei Erfahrungen. Solche Erfahrungen stehen untereinander oft in Spannung: Da gibt es Helles und Dunkles, Freiheit und Fesseln, Geglücktes und Misslungenes, Beschenktsein und Geschlagensein, Hoffnung und Verzweiflung …
Diese Reihe kann jeder für sich selbst fortsetzen. Das eine lässt uns jubeln, das andere klagen. Manche Menschen schlucken beides fast teilnahmslos hinunter, sie können sich jederzeit beherrschen. Weder das eine noch das andere geht ihnen – wie man so treffend sagt – wirklich zu Herzen.
Dabei wäre es so wichtig, das Erlebte mit allen seinen schillernden Farben bewusst wahrzunehmen, anzunehmen und die eigene Betroffenheit auch zu artikulieren.
Die nüchtern beschreibende Sprache der Wörter reicht nicht aus, um zu sagen, was zu sagen ist. Sie reicht nicht in die Tiefe jener Empfindungen, um die es geht, wenn mich etwas betroffen macht.
Um tiefe Erfahrungen auszudrücken – ob sie mich nun glücklich oder unglücklich machen –, benütze ich dieselben oder doch sehr ähnliche Sprachen: Poesie als gleichsam „verdichtete“ Sprache und Gesang; Musik, hörbare Töne und Klänge; sichtbare Farben und Figuren; alle Arten von Kunst, auch Schweigen oder Weinen!
Ich kann vor lauter Freude sprachlos sein und weinen, aber auch im tiefsten Leid still meine Tränen fließen lassen. Meine Seele verkümmert, wenn ich die Sprache der Empfindungen nicht gebrauche und entfalte.
Das Buch der Psalmen im Ersten Testament – Martin Buber nennt es einfach „Das Buch der Preisungen“ – ist eine wunderbare Schule des Empfindens: eine Schule des ruhigen Schauens in die Tiefe; eine Schule des Wahrnehmens; eine Schule, das Erfahrene auch zu artikulieren.

Ich möchte der Sprache des Lobes und der Preisung nachspüren:
Ich preise dich, mein Herr und mein Gott,
und ich danke dir,
dass du bist,
dass du in Ewigkeit bist,
dass du Liebe bist, du Drei-Einer!
Einer in drei Stimmen, im Dreiklang,
drei in eins.
Du Wunderbarer.
Du ewige Harmonie.
Du, mein Gott!
Amen! – Halleluja!

aus: philipp harnoncourt,
kostbar ist der Tag, schnider verlag

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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