seelenstark: Theresa von Avila | Teil 01
Von der Schönheit und vom Reichtum der Seele

Eine schöne Burg. Der Hradschin in Prag mit dem Veitsdom und der prächtigen, edelsteingeschmückten Wenzelskapelle im Zentrum. | Foto: Bilderbox
  • Eine schöne Burg. Der Hradschin in Prag mit dem Veitsdom und der prächtigen, edelsteingeschmückten Wenzelskapelle im Zentrum.
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Wann und wie kommt in Ihrem Alltag das Wort „Seele“ vor? Vielleicht beten Sie in der Kirche immer mit: „…aber sprich nur ein Wort, so wird meine Seele gesund“. Oder Sie kennen das Magnificat: „Meine Seele preist die Größe des Herrn!“ Aber in der alltäglichen Sprache ist das Wort selten. Es ist zum Fachbegriff geworden für Expert/innen in der Philosophie und Psychologie. Wenn wir heute über das reden, was Teresa als „Seele“ bezeichnet hat, dann sagen wir „unser Inneres“, „unser Herz“ oder „unsere Tiefe“. Teresa meint mit „Seele“ das Innenleben jedes Menschen. Die Gedanken, Gefühle, die Empfindungen, all das, was von außen nicht oder nur wenig sichtbar ist, de facto aber die Qualität, die Farbe unseres Lebens ausmacht, das nennt Teresa die „Seele“.

 

Strömungen. Im Laufe der Kirchengeschichte kommt – wie in Wellen – immer wieder eine neue Frömmigkeitsströmung an die Oberfläche. Einmal steht die Nächstenliebe, das soziale Engagement mehr im Vordergrund, dann wieder mehr die Betonung der Gottesliebe, des Gebetes. Teresa lebte im 16. Jahrhundert, am Beginn der Neuzeit. Im Mittelalter waren die Armutsbewegungen entstanden, die Bettelorden, die vor allem den Wert der Werke betonten, des Tuns, der Nachfolge Christi durch konkrete Barmherzigkeit. Im ausgehenden Mittelalter wird eine andere Strömung stark, die „devotio moderna“ (neue Frömmigkeit) genannt wird. Jetzt wird das geistliche Innenleben beachtet und gepflegt.[/p]

Wenn Teresa in ihrer Erfahrung und ihrem Schreiben mit großer Aufmerksamkeit die Vorgänge in der Seele bedenkt und beschreibt, dann ist sie also ein Kind ihrer Zeit. Auch Ignatius von Loyola (ebenfalls in Spanien, einige Jahre vor Teresa) legte größte Aufmerksamkeit auf die Seelenbewegungen seiner Mitbrüder und aller Menschen, für die er die Exerzitien entwickelt hatte.

Innerlichkeit. Die Entdeckung der Innerlichkeit war gewissermaßen im Trend. Aber es war ein Trend der Basis, nicht der Geistlichen. Vielen führenden Männern der Kirchenleitung war dieser Trend gar nicht geheuer: Ob die Leute sich an die Zehn Gebote halten und an die kirchlichen Vorschriften, das ließ sich durch die Beichte recht gut kontrollieren. Aber ob und wie die Gläubigen ihre Seele bereit machen für die Begegnung mit Gott!? Das entzog sich meist dem Blick der Priester oder erforderte zumindest eine sehr gute Menschenkenntnis und geistliche Kompetenz.

Teresa war durch und durch geprägt und fasziniert von dieser neuen Frömmigkeit und von ihrem reichen inneren Erleben. Sie war überzeugt, dass allen Menschen dieser Reichtum gegeben, dass er in ihnen angelegt ist. Es brauche nur die Pflege, vergleichbar einem Garten, der von Gott angelegt ist und vom Menschen gepflegt und bearbeitet wird. Wenn dieser Garten gedeiht und blüht, dann ist das wie eine Einladung an Gott, dann hat Gott Lust, oft hierherzukommen, sich an diesem Garten zu erfreuen.

Wunderschön. Ein besonders bekanntes Bild, das Teresa für die Seele prägt, ist das Bild von der „Burg“. „Seelenburg“ ist vielleicht kein besonders attraktives Bild auf den ersten Blick. Lassen Sie sich verlocken, dieses Bild etwas genauer zu betrachten und zu verstehen: Das Wichtigste für Teresa an diesem Bild sind zwei Dinge: zum einen, dass die Burg sehr schön ist (wie aus einem Diamanten gemacht), und zum anderen, dass eine Burg sehr weitläufig ist, verschiedene Wohnungen, Höfe und Bereiche hat, aber einen klaren Mittelpunkt.

Zur Schönheit: Teresa wird nicht müde zu betonen, dass die Seele jedes Menschen von unglaublicher Schönheit ist.
Zur Weitläufigkeit: Die Burg ist nicht streng geometrisch angelegt und es ist nicht so, dass der Mensch nach einem vorgegebenen Plan sieben Wohnungen durchlaufen muss, um zur Mitte (zu Gott) zu kommen. Teresa hat ein weites Herz, ein gutes Gespür für die Verschiedenheit der Menschen und viel Erfahrung. Sie weiß, dass nicht alle dazu berufen sind, viel im Gebet zu verweilen; die Kontemplation ist nicht für alle das Richtige. „Sehr wichtig für jede Seele, die sich – viel oder wenig – dem Gebet widmet, ist es, dass man sie nicht in einen Winkel pfercht. Man lasse sie durch all diese Wohnungen wandeln, aufwärts und abwärts und nach den Seiten hin; denn Gott hat ihr eine so große Würde verliehen.“ (Die innere Burg I, 2)[/p]

Gebet und Werke. Die Pflege des Seelenlebens durch das innere Gebet wird von Teresa immer wieder betont. Darauf verpflichtet sie ihre Mitschwestern und versucht auch andere Menschen dazu zu „verlocken“. Und dennoch ist das „gepflegte Seelenleben“ nicht das Ziel. „Werke“, sagt sie, „ich will Werke sehen.“ Ziel allen Betens ist es, aufmerksam zu werden auf Erfordernisse und Bedürfnisse der Mitmenschen und dies dann zu tun. Welcher Art die „Werke“ sind und wie sie getan werden sollen, darüber macht Teresa nicht viele Worte. Sie lenkt die Aufmerksamkeit auf das Gebet, weil sie ganz sicher ist, dass gutes Gebet, echte Begegnung mit Gott, automatisch in die Tätigkeit, in die Aktivität führt.

Anna Findl-Ludescher

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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