Mission hier und anderswo | Teil 5
Mission Zuhören
„Kirche hört zu-Mission“: Was ist das?
Die „Kirche hört zu-Mission“ am 14. Oktober hatte einerseits zum Ziel, im öffentlichen Raum als Kirche präsent zu sein, Vorbeigehende in der Herrengasse zum Entzünden einer Kerze oder zum Gebet für den Frieden einzuladen und offen für Gespräche zu sein. Andererseits wollten wir Interessierten die Möglichkeit bieten, diese Art von Mission kennen zu lernen und auszuprobieren. Dazu hielt ich einen Impuls zu wichtigen Grundhaltungen: echtes Interesse an den Menschen; sie nicht bekehren oder überreden wollen; mehr zuhören als selbst reden; möglichst die Haltung Jesu einnehmen …
Ursprünglich gar nicht anvisiert, ist es aus aktuellem Anlass ein Nachmittag der Begegnung und des Gebets um Frieden geworden.
Z. B. konnte auf eine Weltkugel ein roter Punkt auf das Land geklebt werden, für das man besonders den Frieden erbittet.
Was habt ihr dabei erlebt?
Allein 300 Personen – davon viele junge Leute – nahmen die Einladung zum Entzünden einer Kerze an, blieben unterschiedlich lang zum stillen Gebet oder genossen die meditative Musik. Eine Frau – aus der Kirche ausgetreten – betrat seit Jahren wieder das erste Mal eine Kirche, verweilte einige Zeit drinnen und bedankte sich beim Herausgehen sehr herzlich für diese wunderschöne Erfahrung. Vor der Kirche entwickelten sich viele schöne und zum Teil sehr tiefgehende Gespräche bei Kaffee, Wasser oder Süßem. Nicht nur Christen nahmen die Einladung an, sondern auch Muslime und ein Jude, den Barbara Kabas ansprach: „Möchten Sie für den Frieden eine Kerze anzünden?“ Der Passant hielt gleich an und nahm die dünne Kerze aus meiner Hand bereitwillig an. „Für den Frieden? Ja.“ Ich erklärte dem jungen Mann, dass er sie vorne in der Kirche in den Sand stecken könne, und ging mit ihm über die Schwelle der Stadtpfarrkirche. Da sprach er mit gedämpfter Stimme: „Ich bin nämlich Jude“, und schon standen Tränen in seinen Augen. Auch ich war berührt, ging mit ihm nach vorne, und wir weinten gemeinsam. Still standen wir da. Vor Jesus im Allerheiligsten Sakrament. Seine Kerze brannte mit den vielen anderen Kerzen.
Wie verstehst du persönlich den Missionsbegriff?
Den Schatz des Glaubens an Jesus mit anderen zu teilen. Nicht als Wissender von oben herab, sondern als Beschenkter. Der Andere kann nur erfahren, dass Gott Liebe ist, wenn wir etwas von dieser unbedingten Liebe teilen. Mission ist Dialog, eine Begegnung zweier Lebensgeschichten, und der Andere ist heiliger Boden. Vorrangig geht es ums Willkommen-Heißen und Zuhören; dem Anderen in seinem Anderssein Raum geben. Denn jeder Mensch will angenommen, d. h. geliebt sein. Das ist nicht leicht, aber wenn es mit Gottes Hilfe gelingt, dann ereignet sich eine für beide Seiten beglückende Erfahrung.
Robert Hautz ist Leiter des „Kircheneck“ und gemeinsam mit Elfriede Demml Verantwortlicher für den Themenschwerpunkt Spiritualität der Katholischen Stadtkirche Graz. Mitgetragen wurde „Kirche hört zu“ von der Gemeinschaft Emmanuel.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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