Kloster zum Kosten | Teil 2
Krankenhausessen muss nicht fad sein

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Vor zwanzig Jahren wollte man die Backstube in der Krankenhausküche des Ordensklinikums Linz Elisabethinen eigentlich wegrationalisieren. Heute werden dort täglich mehr als 120 Kilo Brot gebacken. Ob beim Brot oder den anderen Speisen: Die Ansprüche der stellvertretenden Küchenchefin, Schwester Johanna Ziebermayr, in Sachen Nachhaltigkeit, Regionalität und Geschmack sind hoch.

Etwas eigenartig ist es schon: Schwester Johanna Ziebermayr spricht über Krankenhausessen – und fast wünscht man sich, demnächst stünde ein längerer Aufenthalt im Ordensklinikum Linz Elisabethinen an. Seit zwei Jahren ist die Ordensfrau dort stellvertretende Küchenchefin. Mit leuchtenden Augen erzählt sie von Suppe, die nachts in überdimensionalen Töpfen köchelt. Von schwarzen Bohnen, die der Biobauer neuerdings im Angebot hat, und die bald wieder auf den Speiseplan kommen. Von Naturjoghurt mit frischen Früchten. Sie schwärmt vom Lisl-Brot, das in der hauseigenen Bäckerei im Souterrain des Krankenhauses gebacken wird. Beim Brot wird Schwester Johanna noch eine Spur leidenschaftlicher. Für einen kurzen Moment sogar richtig energisch. „Ich finde es schade, dass viele meinen, Brot würde aus ‚einfachen‘ Zutaten bestehen, die nichts Besonderes sind.“

Brot für das ganze Spital
Lebensmittel, sagt Schwester Johanna, seien eine Gabe Gottes und alles andere als trivial. „Der Müller, von dem wir unser Mehl beziehen, setzt alles daran, dass das Getreide in den Silos über die Monate der Lagerung seine Qualität behält. Getreide ist aus sich heraus wertvoll und besonders und wird nicht erst von uns Menschen zu einem wertvollen Lebensmittel gemacht.“ Dass die Elisabethinen in ihrer Großküche heute noch eine Bäckerei integriert haben, ist der Durchsetzungskraft der Ordensfrauen zu verdanken. „Die Backstube gab es sehr lange schon. Als die Küche vor 20 Jahren saniert wurde, sollte sie aber wegkommen. Die Schwesterngemeinschaft hat sich dafür eingesetzt, dass sie bleibt.“ Zwischen 120 und 150 Kilo Brot werden hier täglich gebacken. Das ist der gesamte Tagesbedarf für das Spital und für den Krankenhaus-Shop, wo es auch verkauft wird. Dazu kommen Kuchen, Torten, Kleingebäck und vieles mehr.

Chiliweckerl preisgekrönt
Schwester Johannas weißes Arbeitskleid ist hochgeschlossen, ihre graumelierten Haare werden vom Schleier nach hinten gehalten. Mit beiden Händen hält sie eine Metallschüssel voll Sauerteig. „Jeder Sauerteig hat seine eigenen geschmacklichen Nuancen“, findet sie. „Sie werden von den Zutaten, dem Wasser, der Zeit und der Umgebungsluft beeinflusst.“ Der damit versetzte Teig rastet etwa einen Tag lang in einem großen Trog, bis er komplett durchsäuert ist. Schneller und unkomplizierter wäre es, Backmischungen zu verwenden. Die gibt es hier nicht. Dafür Mehl und geschrotetes Brotgewürz in schweren Fünf-Kilo-Säcken. Der Aufwand lohnt sich. „Wir haben mit unserem Brot schon einige Preise gewonnen“, erzählt Schwester Johanna stolz. Dem Lehrling, der auf der großen Holzarbeitsplatte gerade einen Weißbrotlaib nach dem anderen formt, nickt sie anerkennend zu. 

Tausend Essen gleichzeitig
Kurz vor dem Mittagessen wird es in der Großküche stressig. Rund tausend Essen werden über einen Lift auf die zwanzig Stationen und das Mitarbeiterrestaurant verteilt. Das ist herausfordernd, denn alle müssen zur gleichen Zeit fertig vorbereitet sein. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Küche haben alle Hände voll zu tun, damit die Patientinnen und Patienten, die Mitarbeitenden und die Ordensfrauen mittags aus drei Gerichten auswählen können. Auch Frühstück und Abendessen werden hier zubereitet. Vor ihrem Ordenseintritt vor 16 Jahren war Schwester Johanna als Köchin in der Gastronomie an verschiedenen Orten in Österreich tätig. Den Kochlöffel schwingt sie heute nur mehr selten. Ihre Aufgabe ist es, die Speisen und die dafür verwendeten Produkte zu planen und mit den Lieferanten zu kommunizieren. Die allermeisten Lebensmittel kommen von regionalen, kleineren Zulieferfirmen. Mit ihnen arbeitet die Krankenhausküche oft schon viele Jahre oder Jahrzehnte zusammen. Auftragssicherheit spielt dabei eine wichtige Rolle. „Von unserem Apfelbauern zum Beispiel beziehen wir seit 60 Jahren Apfelsaft“, sagt Schwester Johanna. Die Äpfel, die er außerdem liefert, sind auf den Bedarf im Krankenhaus abgestimmt: Sie passen perfekt in die kleinen Dessertschälchen, in denen sie serviert werden.

Kein Dosenfutter mehr
So stabil die Beziehungen zu den Lieferanten sind, so dynamisch entwickelt sich die Krankenhausküche weiter. In einem Lagerraum zieht Schwester Johanna einen Sack Kichererbsen aus dem Regal. „Wir wollen aus Gründen der Nachhaltigkeit von Hülsenfrüchten aus der Dose auf getrocknete umsteigen. Das ist eine große Umstellung, weil man diese schon am Vortag einweichen muss.“ Werden Arbeitsabläufe verändert, bezieht Schwester Johanna die Mitarbeiter:innen mit ein. Sie sind es gewohnt, dass es in der Küche keinen Stillstand gibt. Schwester Johanna ist umtriebig. Ihr Ziel: modernen Ernährungsansprüchen gerecht und immer nachhaltiger zu werden. Deshalb wird der Fleischanteil reduziert, und die Köchinnen und Köche entwickeln vermehrt vegetarische und vegane Rezepte. „Wir sind auch Mitglied von ‚United against waste‘ (‚Gemeinsam gegen Müll‘), einer Organisation, die sich zum Ziel gesetzt hat, so wenig wie möglich wegzuwerfen.“ Im Krankenhausbetrieb ist Lebensmittelverschwendung ein großes Thema. Die Frequenz der Aufnahmen und Entlassungen von Patient:innen ist hoch. Im Gegensatz zu früher bleiben sie statt zehn nur 3,5 Tage im Spital. Essen zu planen, ist da schwierig. Aber: Essen, das die Küche schon verlassen hat und übrig bleibt, darf – selbst unberührt – nicht mehr weitergegeben werden. Daher bemüht man sich um Restevermeidung.

Durchs Essen froh werden
Am Portal zum Krankenhaus begrüßt die heilige Elisabeth alle, die ein und aus gehen. „Wir müssen die Menschen froh machen, ist ihr Leitspruch“, sagt Schwester Johanna. „Und das wollen wir tun, indem wir für sie kochen und sie verwöhnen.“ Fragt man die Ordensfrau nach ihrer Lieblingsspeise, zögert sie kurz. „Ich könnte jetzt natürlich Gemüselaibchen sagen. Aber wenn ich ehrlich bin, liebe ich vor allem Mehlspeisen. Zu einer Nussschnecke kann ich nie nein sagen“, gesteht sie, lacht und legt sich die Hände auf den Bauch. Wer kocht, muss auch genießen können.
Sandra Lobnig

Lieblingsrezept

SONNENBLUMEN-PREISELBEER-WECKERL

ZUTATEN (für 20 Stück)
50 g Haferflocken
50 g Polenta (Maisgrieß)
200 ml Wasser
25 g Margarine
100 g Dinkelvollkornmehl
100 g Weizenvollkornmehl
320 g Weizenmehl glatt
250 ml Wasser
20 g Germ
10 g Backmalz (Malzkaffee)
18 g Salz
70 g Sonnenblumenkerne
40 g Preiselbeermarmelade

ZUBEREITUNG
Haferflocken, Polenta, Margarine in heißem Wasser eine Stunde quellen lassen. Dann mit den restlichen Zutaten zu einem glatten, geschmeidigen Teig kneten und zugedeckt bei Raumtemperatur 30 Min. rasten lassen. Den Teig in zwanzig Teile teilen, zu Kugeln formen, mit Roggenmehl stauben und zugedeckt weitere 10 Min. rasten lassen. Mit dem Apfelteiler ein Muster in die Teiglinge drücken, mit Wasser bestreichen, evtl. mit Körnern bestreuen, auf ein befettetes Backblech setzen und zugedeckt nochmals ca. eine Stunde rasten lassen. Danach die Weckerl bei 210 °C etwa zwanzig Minuten mit viel Dampf backen. Für den Dampf z. B. einen Topf mit heißem Wasser in das Backrohr stellen.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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