Kath. Privatschulen in der Steiermark | Teil 06
Das verborgene Gramm Gold entdecken
Die Stärken der Kinder weiter zu stärken und ihre Schwächen zu schwächen ist unser Anliegen“, sagt Angelika Grossmann, Direktorin der Sonderschule im Pius-Institut in Bruck/Mur, wo die Kreuzschwestern seit fast 130 Jahren Menschen mit Behinderungen betreuen. Für die damalige Zeit war die Initiative ein pädagogisch revolutionärer Ansatz. Heute wird die Sonderschule als katholische Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht geführt.
„In Unterricht und Erziehung wird immer von den Talenten der Schüler ausgegangen“, ist sich das Schulteam einig, das sich aus zwölf Lehrern, drei Pflegehelfern und einem Zivildiener zusammensetzt. Deren Motto im Schulalltag stammt von Kreuzschwestern-Gründerin Maria Theresia Scherer: „Das Gramm Gold entdecken, das in jedem Menschen verborgen ist“. Die ganzheitliche Bildung der Kinder und Jugendlichen auf der Grundlage eines christlichen Menschenbildes ist für die Verantwortlichen vorrangig.
Das Pius-Institut bietet gezielte Unterstützung für Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf nach drei Lehrplänen an: dem Lehrplan der Allgemeinen Sonderschule, dem Lehrplan für geistig schwerstbehinderte Schüler und dem Lehrplan des Berufsvorbereitungsjahres. Kinder vom sechsten Lebensjahr bis zum Ende der Schulpflicht werden in der Schule betreut – und wenn es der gesetzliche Rahmen erlaubt, auch darüber hinaus.Zusätzlich gibt es Nachmittagsbegleitung und Wohnmöglichkeiten für Kinder und Jugendliche. „Wir sehen es als unseren Auftrag an, Menschen mit Behinderungen in ihrer Entwicklung zu fördern und zu begleiten, dass sie ein selbstbestimmtes und identitätsstiftendes Lebensmodell entwickeln können“, formuliert das Team des Pius-Instituts sein Ziel und schaut auf zahlreiche Erfolgserlebnisse zurück: „Wir haben Fortschritte erreicht, die viele nicht für möglich erachteten.“ Gesellschaftliche Integration steht dabei im Vordergrund der Bemühungen: „Man kann Behinderung nicht wegdiskutieren oder ungeschehen machen“, sagt Klaus Fankhauser, Geschäftsführer des Pius-Instituts, und ergänzt: „Wir wollen jedoch an der notwendigen Entwicklung gesellschaftlicher Rahmenbedingungen mithelfen, dass das Anderssein einen sicheren Platz in der Gesellschaft bekommt.“
Das Pius-Institut vermittelt nicht bloß Schulbildung, sondern ist für Menschen mit Behinderung auch ein Ort zum Wohnen, zur Berufsvorbereitung und Arbeitsstätte zugleich: Berufsorientierungskurse und Schnupperpraktika in Betrieben sind ein fixer Bestandteil der Ausbildung. Es gibt Kreativwerkstätten mit Keramik, Textil- und Naturmaterialien, Arbeitsmöglichkeiten in acht Fachbereichen und Teilqualifizierungslehren.
Durch das „Café Aktiv“ im Brucker Pfarrhof hat man für Menschen mit Behinderungen eine Möglichkeit der Integration geschaffen: Ziel des Projektes ist es, innovative Wege der Arbeitspolitik zu beschreiten. Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen stellen Kuchenbuffets zusammen, backen Torten und belegen Brötchen auf Vorbestellung. Das Café bietet ihnen die Chance, Verantwortung zu übernehmen. Die Musikwerkstätte wiederum ist ein kreatives musikalisches Ausbildungsprogramm für jene, die ungewecktes musikalisches Potenzial in sich tragen. In Zusammenarbeit mit der Tischlerei ist auch der Aufbau einer Musikinstrumentenbauwerkstätte geplant.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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