APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
24. Hat Jesus gerne gefeiert?

„Siehe, ein Fresser und Säufer, ein Freund der Zöllner und Sünder!“ (Lk 7,34)

Ja, hat er! – Jesus hat um den Wert des gemeinschaftsstiftenden und ausgelassenen Beisammenseins gewusst. Und das ist gut so! – Gastmähler gehörten in seinem religiös-kulturellen Umfeld zum guten Ton. Spielte doch schon im Alten Israel die Gastfreundschaft eine große Rolle: Als Abraham von drei Männern bei den Eichen von Mamre besucht wird, ließ er sofort Wasser, Brot, Kalbfleisch, Butter und Milch für die Gäste bringen (vgl. Gen 18,1–8).

Jesus war sicher mit dem jüdischen Festkalender vertraut: Der bedeutsamste jüdische Festtag ist der wöchentliche Sabbat. Das Neujahrsfest wird am 1. Tischri (im Monat September) begangen. Landwirtschaftlichen Ursprungs sind das einstige Nomadenfest Pessach am 14./15. Nisan (März/April), an dem zur Zeit Jesu die Befreiung und Herausführung Israels aus Ägypten gefeiert wird. Es ist mit dem Fest der Ungesäuerten Brote (erste Gerstenernte) verbunden. Sieben Wochen darauf, am Ende der Weizenernte, findet das Wochenfest (Schawuot, im Neuen Testament Pfingsten) statt. In die Zeit von September/Oktober fallen das mit der Wein- und Obsternte verbundene Laubhüttenfest (Sukkot) und das höchste Fest des jüdischen Jahres, Jom Kippur, der Versöhnungstag, an dem durch einen Ritus im Tempel alle Sünden vergeben werden. Das Tempelweihfest (Chanukka) wird im November/Dezember und Purim (Errettung Israels durch Ester und Mordechai) im Februar/März begangen.

Die Evangelien erzählen, dass Jesus aber auch gerne persönlichen Einladungen folgt. So ist er mit seiner Mutter und den Jüngern bei einer Hochzeit in Kana zu Gast und sorgt sogar dafür, dass der Wein nicht ausgeht (vgl. Joh 2,1–12). Auch das vom Zöllner Levi veranstaltete große Gastmahl für Jesus, an dem er zum Missfallen einiger Pharisäer und Schriftgelehrten teilnimmt (vgl. Lk 5,29–32), zeigt, dass er ein großzügiges Angebot nicht ausschlägt. Offenbar nutzt er diese Zusammenkünfte nicht nur, um sich gut zu unterhalten, sondern auch um „Sünder zur Umkehr zu rufen“ (Lk 5,32).

Sinnvolles Feiern und Mahl-Halten waren Teil der Lebenswelt Jesu. Keine Besäufnisse à la Realitätsverweigerung. Keine maßlosen Fressorgien. Sondern „Feiern“ als Ausdruck der Lebensfreude! Das zeigt sich auch darin, dass Jesus das Reich Gottes mit einem gro-ßen Mahl vergleicht: Wer der Einladung des großzügigen Gastgebers nachkommt, wird am Tische des Festmahls sitzen. Es darf aber keine Rangeleien um die besten Plätze geben, und es darf auch kein „Armer“, „Verkrüppelter“, „Lahmer“ oder „Blinder“ vom Essen ausgeschlossen werden. Nein, diese Feier ist für alle! Alle dürfen mitfeiern (vgl. Lk 14,7–24).

Es ist also sicher kein Zufall, dass der spätere christliche Sonntag – mit der Erinnerung an das letzte Abendmahl – die Gegenwart Jesu in den Gestalten von Brot und Wein als Essen und Trinken feiert
(vgl. Mt 26,26–29 par.).
Man kann mit vollem Recht behaupten: Feiern ist im Judentum und Christentum biblischer Auftrag! Le Chaim! (= Auf das Leben!)

Irene Maria Unger

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Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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