APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
21. Was wissen wir über den Freundeskreis Jesu?
Vielen Menschen, die Jesus hören, geht seine Botschaft zu Herzen, sie sind von ihm begeistert und laufen ihm nach. In seiner Nähe werden Kranke gesund und finden seelisch Zerrüttete wieder ihren Frieden. Er hat Freundinnen und Freunde und genießt deren Gastfreundschaft und Unterstützung. Die Evangelien nennen z. B. die Geschwister Marta, Maria und Lazarus (vgl. Lk 10,38f.; Joh 11,1–3). Von Anfang seines öffentlichen Wirkens an sammelt er auch Jünger um sich, damit sie ihn begleiten und im Zusammenleben mit ihm lernen, was er unter „Reich Gottes“, „Nächstenliebe“, „Feindesliebe“, „Barmherzigkeit“ und „Dienen“ versteht. Seine unstete Lebensweise verlangt ihnen auch einiges ab: Sie müssen (zumindest für einige Zeit) ihre Herkunftsfamilien und ihr gewohntes Umfeld verlassen für ein Leben in großer Einfachheit. Wie ihr Lehrer sind sie auch Anfeindungen ausgesetzt („Unruhestifter“ riskieren ein gewaltsames Ende). Jesus will, dass sie sich untereinander gleichrangig als Geschwister verstehen (vgl. Mt 23,8-12): Gott allein ist ihr „Vater“, sie sollen einander in Demut dienen. Die Evangelien halten ausdrücklich fest, dass unter denen, die Jesus begleiten, auch Frauen sind. Einige kennen wir mit Namen: Maria Magdalena, eine weitere Maria, Johanna, Susanna und Salome (vgl. Lk 8,2f.; Mk 15,40f.).
Aus der großen Gefolgschaft wählt Jesus eines Tages eine Gruppe aus: „die Zwölf“ (Mk 3,13–19 par.), darunter Simon, Andreas, Jakobus, Johannes usw. Sie werden „Apostel“ (griechisch für Gesandte) genannt, aber der Begriff „Apostel“ ist nicht auf sie beschränkt, denn es gibt in der frühen Jesusbewegung auch Apostel, die nicht zum Zwölferkreis gehören: z. B. Paulus, Barnabas, Apollos, Andronikus und die Apostelin Junia (vgl. Röm 16,7). Was aber will Jesus mit den Zwölf? Er setzt damit ein Zeichen: Meine Botschaft gilt zuerst dem Volk Israel! Und die Zwölf symbolisieren die zwölf Stämme und ihre Stammväter (vgl. Mt 19,28). Sie bekommen Vollmacht zum Verkünden und Heilen, um das ganze Volk für das Reich Gottes zu begeistern. Ein geistlich erneuertes Israel soll dann zum Segen für alle anderen Völker werden. – Wie wir wissen, gelingt die Sammlung Israels in dieser Weise nicht. Jesus wird von wichtigen Führern seines Volkes abgelehnt und seine Botschaft erreicht später auf andere Weise die Völker der Welt.
Nach dem Tod und der Auferstehung Jesu spielen die Zwölf noch eine Zeitlang eine führende Rolle in der Jerusalemer Urgemeinde. Der „Verräter“ Judas wird durch Matthias ersetzt. Aber nach der Hinrichtung Jakobus’ des Älteren wird der Zwölferkreis nicht mehr ergänzt. Seine Bedeutung nimmt ab. Neu ist, dass jetzt alle, die Jesus als Messias (Christus) bekennen, „Jünger“ und „Jüngerinnen“ genannt werden, darunter bald auch nichtjüdische Männer und Frauen. Ab 50 n. Chr. nennt man die Jesusgläubigen auch (griechisch) Christianoi, also Christen und Chris-tinnen. Und das ist bis heute so. (2023 bekannten sich weltweit rund 2,5 Milliarden Menschen zu einer christlichen Gemeinschaft.)
Noch etwas Interessantes: Wenn die Bibel die Zwölf namentlich aufzählt, nennt sie als Erstes immer Simon. Die Evangelien charakterisieren den verheirateten Fischer aus Kafarnaum als begeisterten Wortführer, aber manchmal auch schwankenden und schwachen Jünger. Jesus schätzt ihn offensichtlich und nennt ihn „Fels“ bzw. „Stein“ (aramäisch Kepha, griechisch Petros, lateinisch Petrus). Dieser Name passt gut zu seiner späteren Führungsrolle in der Urgemeinde. In der Kunst wird Simon Petrus meist mit Schlüsseln (Symbol für die „Schlüsselvollmacht“ in der christlichen Gemeinde) dargestellt (vgl. Mt 16,13–19). Nach alter Tradition vollendet er in Rom sein Leben als Märtyrer. Der Bischof von Rom (Papst) versteht sich daher als „Nachfolger des Petrus“. Nach katholischer Auffassung ist damit der Anspruch verbunden, die gesamte Kirche zu leiten. Die anderen Konfessionen lehnen diesen Anspruch ab. Aber ohne Zweifel ist die Stimme des Papstes eine wichtige Stimme der Christenheit in der Welt von heute. Freilich wird sie immer kritisch an der Botschaft Jesu zu messen sein, „denn nur einer ist euer Vater, der im Himmel, […] nur einer ist euer Lehrer, Christus. Der Größte von euch soll euer Diener sein“ (Mt 23,9–11). Der alte Papsttitel „Diener der Diener Gottes“ meint genau das. Johannes Paul II. hat Gelehrte aller Kirchen gebeten, eine ökumenisch akzeptable Form des Petrusdienstes zu erarbeiten. Ob das je gelingen wird?
Karl Veitschegger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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