APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
18. Hat Jesus mit der Hölle gedroht?

Jesus hat keine eigene Lehre über die Hölle entfaltet. Was er dazu sagt, entnimmt er den religiösen Vorstellungen seiner Zeit und seines Volkes.

Viele Menschen sehnen sich damals danach, Gott möge endlich als gerechter Richter auftreten und der Ungerechtigkeit und Grausamkeit in dieser Welt ein Ende setzen: Es darf doch nicht sein, dass die Gequälten, Betrogenen und Ausgebeuteten unbeachtet „verrecken“, während herzlose Bösewichte, die sich um keine Moral scheren, am Ende ungestraft als lachende Sieger davonkommen! – Nein, sagt dazu z. B. Johannes der Täufer: „Schon ist die Axt an die Wurzel der Bäume gelegt; jeder Baum, der keine gute Frucht hervorbringt, wird umgehauen und ins Feuer geworfen.“ (Mt 3,10 par.)

„In das Feuer werfen“ ist damals ein geläufiges Bild für die endgültige Bestrafung und Beseitigung des Bösen. Man zitiert in dem Zusammenhang auch gerne ein makabres Wort aus dem Buch des Propheten Jesaja, wo es von den Leichen böser Menschen heißt: „[…] der Wurm in ihnen wird nicht sterben und ihr Feuer in ihnen wird nicht verlöschen“ (66,24). So entsteht die Rede vom „ewigen Feuer“. Auch Jesus kennt diese Bilder und bedient sich ihrer (vgl. Mk 9,48; Mt 25,41 und öfter). Sie sind wohl so zu deuten: Wer hartnäckig bis zuletzt am Bösen festhält, ohne Reue, zieht sich die Verdammnis zu. Er wird dem eigenen Bösen, das er angerichtet hat, nicht entrinnen. Auch nicht durch den Tod. Es wird in ihm „brennen“ oder – auch diese Vorstellung gibt es – er „erfriert“ an seiner eigenen Lieblosigkeit und gerät „in die äußerste Finsternis; dort wird Heulen und Zähneknirschen sein“ (Mt 8,12 und öfter). Heißes Feuer und eisige Kälte – zwei gegensätzliche, aber unter die Haut gehende Szenarien, mit denen Jesus und andere religiöse Lehrer seiner Zeit vor dieser möglichen Katastrophe warnen wollen: Ein Mensch kann den Sinn seines Lebens auch endgültig verfehlen, wenn er reuelos bis zum bitteren Ende am Bösen festhält und die Liebe und Vergebung Gottes bewusst ablehnt.

Aber – und das ist jetzt die ureigene Botschaft Jesu! – Gott hört nie auf, um die Liebe jedes Menschen zu werben! Er wartet geduldig auf jene, die als „verloren“ gelten, ja geht ihnen nach und freut sich maßlos über deren Umkehr: „Es wird im Himmel mehr Freude herrschen über einen einzigen Sünder, der umkehrt, als über neunundneunzig Gerechte, die keine Umkehr nötig haben.“ (Lk 15,7) Jeder Mensch, wie viel er auch gesündigt haben mag, kann zu Gott heimfinden. Es mag für manche ein schmerzvoller Prozess sein, aber Heilung vom Bösen ist möglich. Das vermittelt Jesus durch Erzählungen (vgl. Lk 15), aber vor allem durch sein ganzes Leben. Ja, er geht dafür sogar in den Tod. „Denn Gott“, so fasst es später das Johannesevangelium zusammen, „hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richtet [verurteilt], sondern damit die Welt durch ihn gerettet wird.“ (3,17) Jesus ist also nicht gekommen, um den Menschen die Hölle heiß zu machen, sondern „um zu suchen und zu retten, was verloren ist“ (Lk 19,10), ja um allen einen Weg zum Herzen Gottes zu eröffnen. Jeder Mensch hat diese Chance.

Die Hölle war durch lange Zeit ein beliebtes Motiv in der religiösen Kunst. Sadistische Höllenfantasien gab und gibt es immer wieder, auch unter engagierten Gläubigen. Aber dem Willen Jesu entspricht eher jene Haltung, wie sie z. B. der Katechismus der katholischen Kirche einnimmt: „Die Kirche betet darum, dass niemand verloren geht.“ (1058) Oder noch einmal positiv ausgedrückt: „Voller Hoffnung betet die Kirche, dass alle Menschen gerettet werden.“ (1821)

Karl Veitschegger

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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