APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
17. Welche Lebensregeln waren Jesus wichtig?
Was dient dem Leben wirklich? – Im Lichte dieser Frage wird Jesus wohl seine Auswahl getroffen haben. Geschickt fasst er die Tora, das Gesetz des Mose, in einem Doppelgebot der Liebe zusammen (vgl. Mk 12,28–34 par.): Du sollst Gott lieben aus deiner ganzen Kraft und deinen Nächsten wie dich selbst. Denn „größer als dieses ist ein anderes Gebot nicht“ (so Mk 12,31 wörtlich).
Dass hier Solidarität und Gemeinschaft über das eigene Volk hinaus gemeint sind, zeigt sein im Lukasevangelium (10,25–37) geschildertes Gleichnis vom barmherzigen Samariter: Ein Mann ist unter die Räuber gefallen und liegt halbtot am Weg. Ein Priester und ein Levit, die ihn liegen sehen, fallen durch unterlassene Hilfeleistung auf. Aber ein Samariter, der des Weges kommt – er ist Angehöriger einer vom Judentum abgespalteten religiösen Gruppe – hilft dem Verletzten. Priester und Levit, vermutlich auf dem Weg zum Tempeldienst, halten sich an die strenge religiöse Reinheitsregel (kein Blutkontakt!), der Samariter hingegen greift zu – und tut das Notwendige. „Samariter“ ist damals unter jüdischen Frommen sogar ein Schimpfwort, das auch Jesus entgegengeschleudert wird: „Du bist ein Samariter und von einem Dämon besessen.“ (Joh 8,48) Und doch ist es gerade ein Samariter, von dem man sagen muss: Dieser Mann wird wesentlich! – In dieser Erzählung verdichtet sich die von Jesus in der Bergpredigt geforderte Fremden- und Feindesliebe (vgl. Mt 5,43–48 par.): „Segnet die, die euch verfluchen; betet für die, die euch beschimpfen!“ (Lk 6,28 par.)
Wesentlich wird auch Jesus, wenn er einen Mann, der an Wassersucht leidet, am Sabbat (strenger Ruhetag!) heilt und zu den Schriftgelehrten, die ihn deshalb beargwöhnen, sagt: „Wer von euch wird seinen Sohn oder seinen Ochsen, der in den Brunnen fällt, nicht sofort herausziehen, auch am Sabbat?“ (Lk 14,5) – ein berechtigter Einwand, der ihr Herz bewegen soll.
Letztlich zählt für Jesus diese Ganzheit, die Unversehrtheit des Menschen, nicht nur in seinem Denken und Fühlen, sondern auch körperlich. Das Gesetz ist für den Menschen da. Nicht umgekehrt (vgl. Mk 2,27 par.).
Auch den Schriftgelehrten, die ihn auf die Gesetzesübertretungen seiner Jünger aufmerksam machen, weil sie die rituelle Händewaschung nicht vollziehen, kontert er: „Aus dem Herzen kommen böse Gedanken, Mord, Ehebruch, Unzucht, Diebstahl, falsche Zeugenaussagen und Lästerungen. Das ist es, was den Menschen unrein macht; aber mit ungewaschenen Händen essen macht den Menschen nicht unrein.“ (Mt 15,19f. par.)
Welche Lebensregel zählt nun wirklich? – Eine wahrhaft „goldene Regel“ also?
„Alles, was ihr wollt, dass euch die Menschen tun, das tut auch ihnen!“ (Mt 7,12 par.)
– Ja, darin besteht sein „Gesetz“.
Irene Maria Unger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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