Positionen von Karl Veitschegger
War Jesus katholisch?

„Katholisch“ wird heute meistens nur als Konfessionsbezeichnung verwendet. Ursprünglich bedeutet dieses Wort: universal, offen für alle, aus der Fülle Gottes lebend. In diesem Sinn war Jesus ohne Zweifel katholisch.
„Aus seiner Fülle haben wir alle empfangen“, sagt das Johannesevangelium (Joh 1,16). Und als Christ glaube ich: Jesus hat uns Menschen alles gebracht, was wir brauchen, um sinnvoll glauben, leben und lieben zu können.

Unsere Kirche ist immer nur in abgeleiteter Weise katholisch. Sie hat den Auftrag, die in Christus geschenkte Fülle allen Menschen aller Zeiten und Orte weiterzugeben und vorzuleben. Dass sie dabei oft auch engstirnig geworden ist und die Lebenswirklichkeit der Menschen nicht immer hinreichend respektiert, trübt ihre praktische Katholizität.

Das Katholischsein lässt sich auch nicht zwischen zwei Buchdeckeln eines Katechismus einfangen und für immer festschreiben. Es ist eine lebendige Tradition, die das Alte von Zeit zu Zeit kritisch prüft, das Beste und Schönste davon bewahrt, aber auch Neues zulässt und mutig integriert: neue Formen der Spiritualität, des Gottesdienstes, der Lebensgestaltung und Beziehungskultur, der Seelsorge, der kirchlichen Ämter und Dienste.

Wir haben das Evangelium in seiner Fülle noch längst nicht ausgeschöpft. „Stückwerk ist unser Erkennen“, sagt Paulus (1 Kor 13,9). Es gibt noch so vieles zu entdecken – für die Kirche als ganze und für mich persönlich. Insofern ist „katholisch“ ein Zukunftswort. Ich bin gern katholisch.

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SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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