Ukraine
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Zu „Ein Leben für den Frieden“, Nr. 7
Danke für das unverblümt klare Interview mit Dr. Kumpfmüller! Es tut sehr gut nicht immer nur bequeme Halbwahrheiten und interessengeleitete Artikel, die uns stets die Notwendigkeit weiterer Aufrüstung und eine Abwertung unserer Neutralität, die angeblich schutzlos mache, eintrichtern wollen, zu lesen. Danke für den Mut, gegen diesen Strom zu schwimmen. Wir brauchen uns doch nicht schämen, wenn wir das Evangelium ernst nehmen …Dieter Kurz, Hausmannstätten
Ich schätze Karl Kumpfmüller als Friedensaktivisten und Lehrer. Was er allerdings im Zusammenhang mit dem angeblich „praktisch unterschriftsreifen Friedensabkommen“ zwischen Russland und der Ukraine im März/April 2022 sagt, ist mehr als fragwürdig. Interessierten empfehle ich z. B. die profunde Analyse im ZDF „Wer hat den Frieden in der Ukraine verhindert?“ (24.6.24) Sie entspricht dem unterstützenswerten Anliegen Kumpfmüllers, danach zu streben, „der Wahrheit möglichst nahe zu kommen“.
Karl Meissl, Graz
(…) Putin hat das neutrale Land Ukraine brutal überfallen. Dass es am 29. März 2022 eine Einigung über die Beendigung des Krieges (…) gegeben habe, konnte ich in keinster Weise im Internet recherchieren. Dass Schweden und Finnland ihre Neutralität gegen eine NATO-Mitgliedschaft getauscht haben, hat auch mit dieser militärischen Aggressivität Russlands gegen die Ukraine zu tun. (…) Warum werden diese Fakten (…) von Prof. Kumpfmüller mit keiner Silbe erwähnt? (…) Ing. Hans Semmler, Graz
(…) Dass die amerikanische Waffenindustrie an Konflikten in der Welt profitiert (…), ist seit den Einsätzen im Irak bekannt. Aber in der Ukraine einmarschiert sind nicht sie, sondern Herr Putin. Der wesentliche Umstand, warum wir so lange Friede in Europa hatten, durch die „Waffengleichheit“ der Nuklearwaffen aus einem noch gültigen Vertrag zwischen der NATO und Russland, wird nur so „nebenbei“ erwähnt! Schon seit der Kubakrise (…) gilt „Friede durch Angst“, wie es Hugo Portisch (…) schrieb. Dies ist auch der wesentliche Umstand, warum ein Herr Putin zwar immer damit rasselt, aber sich scheut sie tatsächlich einzusetzen. (…) Peter Rudolf Hager, Graz
Dazu die Reaktion von Dr. Kumpfmüller: Die Ukraine war am 24.2.2022 kein neutrales Land. Sie hatte bereits 2019 ihre Verfassung geändert, um „die NATO-Mitgliedschaft zum Staatsziel“ festzuschreiben. (SPIEGEL, 16.9.23). „Präsident Putin erklärte im Herbst 2021, die NATO solle versprechen, sich nicht mehr zu erweitern. Er schickte dazu einen Vertragsentwurf [für ein ‚Sicherheitsabkommen‘]. Es war seine Bedingung, um nicht in die Ukraine einzumarschieren. Natürlich haben wir das nicht unterschrieben“, erklärte Jens Stoltenberg in seiner Rede vor dem EU-Ausschuss im September 2023 (zit. in jeffsachs.org, 23.10.23).
In den Friedensverhandlungen in Istanbul hatte die ukrainische Delegation den russischen Vertretern die Neutralität im Gegenzug für Sicherheitsgarantien angeboten. Dieser Vorschlag wurde von beiden Seiten unter Punkt 1 von insgesamt 10 Punkten des Istanbuler Kommuniqués vom 29.3.22 vereinbart. (SPIEGEL, 29.3.2022). Das Ergebnis dieser in vielen Punkten erfolgreichen Verhandlungen wurde in einem zweiseitigen 10-Punkte-Vorschlag, dem Istanbuler Kommuniqué vom 29.3.2022, festgehalten und liegt im Wortlaut vor (z. B. Berliner Zeitung, 12.10.23).
(Die) daraufhin sofortige Intervention von NATO-Seite: „Am 9. April traf Boris Johnson [nach einem Telefonat mit Joe Biden] unangemeldet in Kiew ein und erklärte …, dass der Westen nicht bereit sei, den Krieg zu beenden. Laut britischem Guardian vom 28. April hatte Premier Johnson den ukrainischen Präsidenten Selenskyj angewiesen, ‚keine Zugeständnisse an Putin zu machen‘“ (Berliner Zeitung, 12.10.23).
Die Verhandlungen der beiden Delegationen gingen allerdings noch zwei Wochen online weiter und führten am 15. April zu einem 17-seitigen Entwurf eines Friedensvertrages. Die WELT AM SONNTAG veröffentlichte ihn am 29.4.24. Demnach „einigten sich Kiew und Moskau weitgehend auf Bedingungen für ein Ende des Krieges. Nur wenige kritische Punkte blieben offen. Diese sollten von W. Putin und W. Selenskyj bei einem Gipfeltreffen persönlich verhandelt werden – zu dem es aber nie kam.“ (zit. aus „Das geheime Dokument, das den Ukrainekrieg hätte beenden können“, in: WELT AM SONNTAG, 29.4.24). Die ZDF-Analyse (24.6.24) beruft sich nur auf das Istanbuler Kommuniqué und geht mit keinem Wort auf den Friedensvertragsentwurf vom 15.4.22 ein. Warum wohl?
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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