Kontrapunkte - Sonntagsplatt-Plus
Farblos oder rücksichtsvoll?

Die Diskussion, ob die SternsingerInnen mit geschminkten Gesichtern auftreten oder nicht, wird immer wieder, auch hoch emotional, geführt. Wir ergänzen zwei wichtige Stimmen: Wieso das Schminken verletzend sein kann und was bei der Dreikönigsaktion im Mittelpunkt steht.

Was ist das Problem?
Ein schwarzes, ein gelbes und ein rotes Gesicht lachen von Sternsingerfotos. Glänzend von der Fettschminke. Erinnert gleich an das Jucken der Schminke und die farbigen Ränder auf Winterjacken und Kronen. So bedeutsam die einen geschminkte Gesichter empfinden, so unpraktisch ist es für jene, die Gewänder reinigen und die Toiletten und Aufenthaltsräume putzen. Alles für eine besondere Symbolik? Oder hat das Schminken von Hautfarben auch bedenkliche Züge? Precious Nnebedum klärt über die beleidigende Praxis des „Blackfacings“ auf, und Teresa Millesi von der Katholischen Jungschar beschreibt Herkunft und Wandel dieses Brauches.

Selbst in der Bibel steht nichts über die Hautfarbe der drei Weisen.

Precious Nnebedum

wuchs in Nigeria und Österreich auf und ist Co-Founderin von „Tanaka Graz“ – einer Initiative für junge PoC (People of Colour).

Es klingelt an der Tür, und drei kleine Gesichter in königlichen Kostümen begrüßen Sie. Allerdings ist eines dieser Gesichter schwarz bemalt, um König Balthasar darzustellen, von dem seltsamerweise geglaubt wird, dass er eine Person mit dunkler Hautfarbe war. Aber mal ehrlich, Fakt ist: Die Bibel erwähnt nie wirklich die physischen oder kulturellen Merkmale der drei Weisen. Die Darstellung von Balthasar als Schwarzer ist eine Interpretation und künstlerische Entscheidung aus dem Mittelalter. Wenn selbst die Bibel, der Ursprung der Geschichte der Weisen, sich nicht die Mühe macht, das äußere Erscheinungsbild der drei Männer zu beschreiben, warum sind wir dann immer noch so beharrlich darauf?

Fakt ist: Blackfacing ist out
Blackfacing ist eine beleidigende Praxis, bei der nicht-schwarze Personen Make-up verwenden, um ihre Haut zu verdunkeln und eine schwarze Person darzustellen. Diese Praxis hat eine lange und beunruhigende Geschichte, die bis ins 19. Jahrhundert in den Vereinigten Staaten zurückreicht. Sie wurde in Shows populär, bei denen weiße Künstler ihre Gesichter mit Schuhcreme bemalten und beleidigende Karikaturen von afroamerikanischer Sprache und Verhalten annahmen. Die übertriebenen Merkmale und beleidigenden Stereotypen unterstützen heute noch schädliche rassistische Vorurteile und verstärkten negative Wahrnehmungen von schwarzen Menschen. Ist es wirklich notwendig, dass die Kirche – selbst unwissentlich – an dieser Praxis teilnimmt? Fakt ist: Wir wissen nicht mit Sicherheit, dass Balthasar schwarz war, aber wir wissen mit Sicherheit, dass Blackfacing inakzeptabel ist. Es ist an der Zeit, entsprechend zu handeln.

Im Einsatz für eine gerechtere Welt brauchen Kinder keine Schminke im Gesicht.

Teresa Millesi 

ist Bundesvorsitzende der Katholischen Jungschar Österreichs. Die Dreikönigsaktion ist das Hilfswerk der Katholischen Jungschar.

Christliches Brauchtum hat sich im Laufe der Geschichte immer wieder verändert, um lebendig zu bleiben, – auch das Sternsingen, das seit 70 Jahren von der Katholischen Jungschar organisiert wird. In den Anfängen gab es große Diskussionen, ob sich Mädchen als Heilige Drei Könige verkleiden dürfen. Heute ist das Schminken von Hautfarben ein Thema. In manchen Regionen wurden und werden die „Heiligen Drei Könige“ in unterschiedlichen Hautfarben geschminkt. In anderen ist dies schon lange nicht mehr Praxis.
Mit der aus dem Mittelalter stammenden Symbolik (biblische Belege gibt es ja nicht) wollte man zum Ausdruck bringen: Die Geburt Jesu ist als Heilsereignis ein Angebot für alle Menschen. Da man damals nur drei Erdteile kannte: Europa, Asien und Afrika, kam man so auf die drei Hautfarben.

Caspar, Melchior und Balthasar
Muss sich jemand heute sein Gesicht schwarz anmalen, um auszudrücken, dass Jesus für alle Menschen geboren wurde? Passt es noch, einen Menschen wegen seiner Hautfarbe einem Kontinent zuzuordnen? Es gibt mittlerweile z. B. viele schwarze ÖsterreicherInnen. Die ursprünglich positiv gemeinte Symbolik der Hautfarben erscheint uns deshalb missverständlich, und sie ist für manche unserer Mitmenschen auch verletzend. Wenn das Sternsingen danach beurteilt wird, ob jemand geschminkt ist oder nicht, dann geht das am Wesen dieser einmaligen Aktion vorbei. Die Heiligen Drei Könige bringen die Weihnachtsbotschaft und den Segen zu den Menschen und setzen ein beeindruckendes Zeichen einer weltweiten Solidarität. Darum geht es, und das soll auch in den nächsten 70 Jahren so bleiben!

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ