Aus meiner Sicht - CR Herbert Meßner
Wie soll ich danken, wenn ich klagen will?

„Wie dich feiern, wenn ich traurig bin? Wie dir danken, wenn ich klagen will?“ So heißt es im Eröffnungsgesang einer vom steirischen Seelsorger Erwin Löschberger getexteten Messliedreihe. Zu finden im Liederbuch „du mit uns“, Nr. 381.

In diesen Wochen wird Erntedank gefeiert. Aber ist uns zum Danken zumute? Benennen wir nicht fast litaneiartig die Krisen, die uns von Pandemie bis Ukrainekrieg, von Teuerung bis
Energieknappheit bedrängen?

Wir hätten keine Ernte, wenn sich vor die lebenspendende Sonne nicht auch regenbringende Wolken geschoben hätten. Wenn bei uns die Wolken der Angst manchmal die Sonne der Dankbarkeit verdunkeln, können wir daraus Lehren ziehen für unser Leben.

Die berechtigte Sorge, die verständliche Angst können hilfreich sein, Wichtiges nicht zu vergessen und Gelingendes nicht als automatisch und selbstverständlich misszuverstehen. Genau so wenig sollen sie uns aber dazu verführen, das Negative oder Bedrohliche absolut zu setzen und alles zu übersehen, wofür wir dankbar sein dürfen. Gerade in Krisen wächst auch das Hilfreiche, das Gemeinsame. Am Anfang der Pandemie etwa brandete Applaus auf für Menschen, deren Da-Sein von der Supermarktkasse bis zum Krankenbett für allzu selbstverständlich genommen worden war.

Christlicher Erntedank ist immer verbunden mit dem Blick auf Notleidende, denen die Ernte versagt geblieben ist. Verantwortungsbewusster Dank ist unendlich hilfreicher, als vor lauter Klage auf den Dank zu vergessen.

Herbert Meßner, Chefredakteur

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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