Gedenken
Mahnung gegen Hetze

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Für Johann Grahsl wurde in der Gasen ein Stolperstein verlegt.
Vor 80 Jahren verschleppten Nazi-Schergen den Priester.
Am Abend des 5. April 1945 wurde Johann Grahsl von unbekannten Männern aus dem Gasener Pfarrhof verschleppt. Bis lange nach Kriegsende galt er offiziell als verschollen. Der Bevölkerung wie auch den ermittelnden Behörden war jedoch klar, dass der beliebte Priester ein Opfer der Nationalsozialisten geworden war. Als bekannter NS-Gegner war er seit dem „Anschluss“ im März 1938 bespitzelt, denunziert, einige Tage verhaftet und politisch gemaßregelt worden. Nur wenige Wochen vor Zusammenbruch des Regimes wurde er von dessen Schergen ermordet.
Johann Grahsl hat fast drei Jahrzehnte, vom Jahr 1917 bis zu seiner Verschleppung, als Pfarrer in der Gasen gewirkt und dabei den nordoststeirischen Ort nicht nur im geistlichen Sinn nachhaltig geprägt. Der vielseitig versierte und hilfsbereite Seelsorger stand der Bevölkerung auch in anderen Belangen mit Rat und Tat zur Seite, etwa bei elektrotechnischen Arbeiten, bei der Reparatur von Uhren, bei landwirtschaftlichen Fragen und in medizinischen Notfällen. Zugleich war er ein kritischer Beobachter der politischen Entwicklungen seiner Zeit, wie sich in seinen Einträgen in die Chronik der Pfarre Gasen nachlesen lässt.

- Pfarrer Grahsl (ganz links) habe schon früh erkannt, dass von den Nationalsozialisten eine Gefahr ausgehe, und darüber auch in seinen Predigten gesprochen - was ihm schlussendlich das Leben kostete.
- Foto: Archiv
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In der Nachkriegszeit kam es zu polizeilichen Ermittlungen, die jedoch zu keiner Anklage gegen die mutmaßlichen Täter führten, auch blieben die genauen Umstände zur Ermordung Johann Grahsls unklar. Im Jahr 1948 wurde der verschollene Pfarrer offiziell für tot erklärt. Im Jahr 1959 errichtete die Gemeinde eine Gedenktafel für Pfarrer Grahsl an der Außenseite der Pfarrkirche, auf der er als „hilfreicher und von allen geliebter Seelenhirte“ gewürdigt wird.
Zum 80. Jahrestag seiner Verschleppung wurde am Sonntag, dem 6. April, im Rahmen eines Gottesdienstes mit Monsignore Gerhard Hörting, dem Stellvertreter des Generalvikars, vor dem Gasener Pfarrhof ein Stolperstein verlegt (Auszüge aus seiner Predigt siehe unten). Anwesende Zeitzeuginnen und Zeitzeugen sowie Verwandte der Familie Grahsl sprachen ebenso Worte des Gedenkens wie Martin Pöllabauer, dessen eingehende Forschung zum Leben, den Umständen der Verschleppung sowie dem weiteren Schicksal des Geistlichen den Anstoß zur Verlegung dieses Stolpersteines gegeben hatte. Für die musikalische Gestaltung der Gedenkfeier sorgten Clemens Ritter und der Musikverein Gasen.

- Der Stolperstein, der an Pfarrer Johann Grahsl erinnert, wurde in die Stufen zum Gasener Pfarrhof eingesetzt.
- Foto: Neuhold
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Bürgermeister Erwin Gruber betonte, wie wichtig die Erinnerung an die Verbrechen der NS-Zeit als Mahnung gegen Hass und Hetze heute sei. Auch Franz Hinterleitner, Vorsitzender des Pfarrgemeinderats, hob die Bedeutung historischer Verantwortung für künftige Generationen hervor. Nach der feierlichen Verlegung des Stolpersteins legten viele Anwesende Blumen nieder und verharrten still im Gedenken.
Mutig Unrecht benennen
„Wir leben in Tagen, an denen das hohe Gut des Friedens leichtfertig aufs Spiel gesetzt wird. An (zu) vielen Orten herrschen Krieg und Gewalt. Wieder werden ganze Völker oder Ethnien in Frage gestellt, in ihrer Existenz bedroht. Einzelne erheben sich zum Richter über andere, verfügen gewaltsam über deren Leben durch Entführung oder Terror.“ Gerhard Hörting, diözesaner Gerichtsvikar, verband bei der Gedenkfeier das Leben und Glaubenszeugnis des Priesters Johann Grahsl mit der Gegenwart: „Sein freies Wort, seine ungebrochene Überzeugung des Glaubens, der nicht zu bändigende Mut sind damals den herrschenden Meinungsmachern und politisch wie gesellschaftlich Verantwortlichen zum Ärgernis, zum Anstoß geworden. Für uns wird sein Verhalten zum Zeugnis wie zur Herausforderung: Die Hierarchie der Wahrheiten, die Wahrheit über den Menschen – für uns als Christen: die Wahrheit über den Menschen, die von Gott kommt – zu beherzigen und dieses, unser Herz nach außen zu kehren, hat Johann Grahsl sich zu eigen gemacht.“ Unser Glaube und Johann Grahsls Lebenszeugnis, sagte Hörting, ermutigen dazu, sich mit Unrecht nicht abzufinden, sondern es zu benennen und Zeuginnen und Zeugen des Glaubens, der Hoffnung und der Liebe zu sein.
BUCHTIPP:

- BUCHTIPP: Pfarrer Johann Grahsl (1887–1945). Sein Leben im Schatten des Krieges. Verfasst von
Martin Pöllabauer.
ISBN: 978-3-200-10393-1 - hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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