10 Jahre Papst Franziskus
Ein Mann der Gesten
Wie der Papst vom anderen Ende der Welt die Kirche veränderte.
Der Papst aus Argentinien ist ein Mann der Gesten. Ob er sich auf der Loggia des Petersdoms verbeugt, um Segen der Gläubigen entgegenzunehmen, ob er einen durch Krankheit entstellten Mann umarmt oder dem Anführern südsudanesischer Bürgerkriegsparteien die Füße küsst, um sie um Frieden zu bitten.
Franz von Assisi stand für Armut, Friedensdiplomatie und Liebe zur Schöpfung. Themen, die das Pontifikat Bergoglios prägen. Als Anwalt von Menschen am Rande, als Friedensdiplomat und Mahner für ökologische und soziale Nachhaltigkeit hat sich Franziskus immer wieder eingemischt.
Während Franziskus in etliche Bereiche Bewegung bringt und für Umbrüche sorgt, bleibt er in anderen Fragen traditionell, beharrend, drängt auf Vertiefung. „Franziskus ist nicht liberal, er ist radikal“, sagte Kardinal Walter Kasper einmal mit Blick auf enttäuschte Reformerwartungen seiner Landsleute. Besonders deutlich ist das bei Franziskus‘ Mammut-Projekt für mehr katholische Synodalität.
Einerseits hat er die punktuellen Versammlungen der Bischofssynode zu einem längerfristigen Projekt mit Laienbeteiligung ausgeweitet. Doch während andere Reformer auf konkrete Entscheidungen etwa in Sachen weiblicher Weiheämter oder Pflichtzölibat drängen, geht es Franziskus zunächst um einen anderen Umgangsstil in der Kirche. Welche Schritte daraus erwachsen, kann sich für ihn erst später zeigen. Kein Papst brachte so viel Unruhe wie er. Was für ihn nicht negativ ist. „Fate chiasso!“ Macht Lärm!“, fordert er oft, wenn er zu jungen Menschen spricht.
Bevor er Papst wurde - Stationen aus dem Leben des Jorge Mario Bergoglio bis zur Papstwahl.
1936: Jorge Mario Bergoglio wird am 17. Dezember als ältestes von fünf Kindern italienischer Einwanderer in Buenos Aires geboren. Bergoglio hat die argentinische wie auch die italienische Staatsangehörigkeit. Nach einem Abschluss als Chemietechniker entscheidet sich Bergoglio für den Priesterberuf.
1958: Eintritt ins Noviziat der Gesellschaft Jesu (Jesuitenorden).
1969: Priesterweihe
1973: Ewiges Gelübde bei den Jesuiten. Er wird Novizenmeister und später Oberer der argentinischen Ordensprovinz.
1980–1986: Rektor der Theologischen Hochschule San Miguel. Für seine Dissertation, die er nicht abschließt, kommt er 1986 nach Sankt Georgen bei Frankfurt.
1986: Seelsorger in Buenos Aires, später geistlicher Begleiter der Jesuiten in Cordoba.
1992: Weihbischof.
1998 Johannes Paul II. ernennt ihn zum Erzbischof von Buenos Aires. Er bezieht eine Zwei-Zimmer-Wohnung statt der Bischofsresidenz und benutzt mit Vorliebe öffentliche Verkehrsmittel.
2005: Vorsitzender der Argentinischen Bischofskonferenz.
2011: Er bietet dem Papst mit 75 Jahren seinen Rücktritt an. Benedikt XVI. belässt ihn im Amt.
13. März 2013: Bergoglio wird als erster Jesuit und erster Lateinamerikaner zum Papst gewählt.
Zehn Jahre Papst - Stationen aus seinem Pontifikat:
2013 März: Bergoglio reist zur Wahl eines Nachfolgers von Benedikt XVI. nach Rom, steht aber wegen seines fortgeschrittenen Alters – er war bereits 77 Jahre alt – nicht mehr im Fokus der Medien.
13. März: Im fünften Wahlgang wird Bergoglio zum Papst gewählt. „Vergiss die Armen nicht!“, soll der brasilianische Kardinal Claudio Hummes dem Frischgewählten gesagt haben. Er scheint dem Impuls zu folgen und nennt sich Franziskus.
April: Franziskus setzt eine Kommission zur Ausarbeitung einer Kurienreform ein.
Juli: Viel beachtet wird die Tagesreise zur italienischen Flüchtlingsinsel Lampedusa.
November: Mit dem Schreiben „Evangelii gaudium“ legt Franziskus eine Art Regierungs- und Reformprogramm vor.
2014: Immer wieder ruft Franziskus Russland und die Ukraine (vergeblich) zu einer friedlichen Lösung des Krim-Konflikts auf.
Oktober: Im Vatikan tagt eine Weltbischofssynode zum Thema Ehe und Familie.
Dezember: Beim Weihnachtsempfang der römischen Kurie macht Franziskus mit einer „Strafrede“ Schlagzeilen. Er zählt darin 15 „Krankheiten“ auf, darunter spirituelle Vergessenheit, übertriebene Geschäftigkeit, Lästerei, Neid und Doppelmoral.
2015 Juni: Franziskus veröffentlicht die Umwelt- und Sozialenzyklika „Laudato si“.
Juli: Franziskus besucht Bolivien, Ecuador und Paraguay und bittet um Entschuldigung für Vergehen der Kirche an der indigenen Bevölkerung.
2016 Februar: Franziskus trifft auf Kuba den Moskauer Patriarchen Kyrill I.: die historische erste Begegnung zwischen den Oberhäuptern der römisch-katholischen Kirche und der russischen Orthodoxie.
April: Von seinem Besuch in einem Flüchtlingslager auf Lesbos nimmt Franziskus zwölf muslimische Flüchtlinge mit nach Rom.
Franziskus legt „Amoris laetitia“, das Abschlusspapier zur Familiensynode, vor. Das Dokument löst eine lebhafte Debatte über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen aus.
2018 August: Franziskus schreibt einen vier Seiten langen Brief zum Missbrauchsskandal an die Bischöfe der Weltkirche.
Oktober: Bischofssynode im Vatikan über die Lebenssituation und die Begleitung junger Menschen.
2019 Februar: Franziskus besucht als erster Papst die Arabische Halbinsel. Mit dem Scheich der Kairoer Al-Azhar-Universität unterzeichnet er eine gemeinsame Erklärung zur Geschwisterlichkeit aller Menschen.
Oktober: Die Amazonien-Synode bringt Warnungen vor der Zerstörung von Menschenrechten und Umwelt; eine Änderung im Pflichtzölibat für Priester bringt sie nicht.
2020 März: Die weltweite Corona-Pandemie bricht aus. Franziskus feiert Ostern auf dem menschenleeren Petersplatz.
Oktober: Franziskus veröffentlicht seine Enzyklika „Fratelli tutti“, die Visionen für eine Menschheit entwirft, die gestärkt aus der Corona-Krise hervorgehen könnte.
2022 März: Franziskus veröffentlicht seine Kurienreform. Unter anderem sollen künftig männliche wie weibliche Laien zu Behördenleitern ernannt werden können.
31. Dezember: Franziskus’ Vorgänger Benedikt XVI. stirbt.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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