Den Schiffbruch stoppen
Papst Franziskus besuchte von 2. bis 6. Dezember Zypern und Griechenland. Neben zahlreichen Vertretern der Orthodoxie traf er auch auf Migranten und Flüchtlinge.
Stacheldraht, Mauern und Pufferzone – Europas letzte geteilte Hauptstadt, Nikosia, stand als erste Station auf dem Reiseplan von Papst Franziskus. Im Flugzeug wandte er sich an die mitreisenden JournalistInnen: „Wir werden einige Wunden berühren.“ Wenige Stunden später, vor der versammelten Regierung der Republik Zypern, Diplomaten und Vertretern der Zivilgesellschaft, sprach er eine von ihnen an: „die Wunde, die dieses Land am meisten schmerzt“; ein „schrecklicher Riss, unter dem es in den vergangenen Jahrzehnten leidet“.
Zypern – eine Perle. Die 1960 von Großbritannien unabhängig gewordene Republik Zypern ist seit 1974 geteilt. Nach jahrelangen, teils gewaltsamen Spannungen zwischen griechischen und türkischen Zyprern besetzten türkische Truppen den Norden der Insel. 1983 wurde die international nicht anerkannte „Türkische Republik Nordzypern“ proklamiert. Franziskus sei als Pilger in dieses „geografisch kleine, aber geschichtsträchtige Land gekommen“. Wie eine Perle sei Zypern über einen langen Zeitraum durch verschiedene Schichten und Kulturen entstanden.
Der Papst lobte die Kirche auf Zypern für ihre wertvolle Bemühung bei der Aufnahme von Geflüchteten: „In der katholischen Kirche gibt es keine Mauern und soll es bitte keine Mauern geben: Sie ist ein gemeinsames Haus, sie ist ein Ort der Beziehungen, sie ist ein Zusammenleben der Vielfalt.“
Im Rahmen seiner Reise ließ Franziskus Flüchtlinge von Zypern mit nach Rom bringen. Zyperns Präsident Nikos Anastasiadis bezeichnete die „symbolische Initiative“ des Papstes als „in erster Linie deutliches Signal für eine dringend notwendige Überarbeitung der EU-Einwanderungspolitik“. Die Insel verzeichnet in Europa aktuell die höchste Zahl an Asylanträgen pro Einwohner.
Griechenland – Wiege der Zivilisation. Am 4. Dezember reiste Franziskus weiter nach Athen, wo er auch dem orthodoxen Erzbischof von Athen und ganz Griechenland, Hieronymus II., einen Besuch abstattete. Dabei blickte er besonders auf das Verhältnis von Katholiken und Orthodoxen: „Zu unserer Schande – ich erkenne dies für die katholische Kirche an – haben Handlungen und Entscheidungen, die wenig oder gar nichts mit Jesus und dem Evangelium zu tun haben, sondern eher von Profit- und Machtstreben geprägt sind, die Gemeinschaft verkümmern lassen.“ So wolle er „Gott und meine Brüder und Schwestern“ um Vergebung bitten für die Fehler, die viele Katholiken begangen hätten.
Der katholischen Minderheit Griechenlands sprach er Mut zu. „Seht eure Kleinheit als Segen an. Sie befähigt euch, auf Gott und auf Gott allein zu vertrauen“, so der Papst. Bei einer Rede vor Vertretern der Politik beklagte er einen um sich greifenden „Rückschritt an Demokratie“. Von Griechenland solle eine Botschaft gegen Autoritarismus und Gleichgültigkeit ausgehen.
Tags darauf besuchte Franziskus Flüchtlinge auf Lesbos. Das Mittelmeer, die „Wiege zahlreicher Zivilisationen“, werde zum „kalten Friedhof ohne Grabsteine“ und einem „Spiegel des Todes“, sagte er und forderte sichtlich bewegt: „Ich bitte euch, lasst uns diesen Schiffbruch der Zivilisation stoppen!“ Zwei junge syrische Flüchtlinge sagten gegenüber Radio Vatikan: „Der Papst ist unsere Stimme“, und „es freut uns, dass da jemand ist, der über uns spricht“.
Kirche in Zypern & Griechenland
In Zypern und Griechenland ist das orthodoxe Christentum die vorherrschende Religion. In Zypern leben die meisten Christen seit der türkischen Besetzung im Südteil der Insel. In Griechenland sind 96% der Bevölkerung orthodox.
KATHPRESS
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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