Geistliche Begleitung
Gott auf der Spur

Die Möglichkeit schaffen, dass Menschen die Spuren Gottes in ihrem Leben entdecken können, ist ein Anliegen von Geistlicher Begleitung. 
 | Foto: Unsplash
4Bilder
  • Die Möglichkeit schaffen, dass Menschen die Spuren Gottes in ihrem Leben entdecken können, ist ein Anliegen von Geistlicher Begleitung.
  • Foto: Unsplash
  • hochgeladen von SONNTAGSBLATT Redaktion

Geistliche Begleitung. Nur etwas für Insider? Diesem Vorurteil treten BegleiterInnen und Begleitete entgegen. Katrin und Florian erzählen von ihren Erfahrungen als Begleitete. Als Geistliche BegleiterInnen kommen Johanna Hogrefe, Josef Riedl und P. Wolfgang Dolzer, SJ., zu Wort.

Spiritualität ist für Johanna Hogrefe „ein Ort, wo Menschen wachsen und in die Freiheit finden“. Seit kurzem unterstützt sie als Geistliche Begleiterin Menschen auf der Suche nach ihrer je eigenen Spiritualität. Bei Josef Riedl habe die Ausbildung zum Geistlichen Begleiter „gut dazugepasst“, nachdem er als Gefangenenhausseelsorger zu arbeiten begonnen hatte, erzählt der seit vielen Jahren an der Justizanstalt Graz-Karlau Tätige. „Es hat mir selbst gutgetan!“, fügt er hinzu. Ähnlich ging es Johanna. „Es war ein Weitergehen auf meinem spirituellen Weg“, beschreibt sie die Ausbildung, die sie 2021 im Europakloster Gut Aich abschloss – mit dem Ziel, „eine gute Hörende zu werden“.

Wenn Menschen aufleben
Für P. Wolfgang Dolzer ist Geistliche Begleitung ein Prozess. Er hat dabei im Blick, „wo Gott im Leben der Menschen vorkommt“. Wichtig ist ihm, dass die Begleiteten dies selbst herausfinden, denn „alles, was sie selbst entdecken, ist das Kostbarste und wiegt mehr als zehn Predigten von gescheiten Menschen“, ist der Jesuit überzeugt. Er hat seine Ausbildung zum Geistlichen Begleiter in Rom im Rahmen
eines Spiritualitäts-Studiums gemacht.
„Ich staune, wenn Menschen aufleben, durchatmen, ihre Haltung oder ihr Gesichtsausdruck sich ändert“, berichtet P. Dolzer von den schönen Erlebnissen in der Begleitung. Der Jesuit ist Studierendenseelsorger. Ein Treffen zur Geistlichen Begleitung dauert bei ihm nicht länger als 45 Minuten, maximal eine Stunde. Das Erstgespräch ist wichtig. Zwischen dem Begleiter und der begleiteten Person muss die Chemie stimmen. „Ich bin nicht beleidigt, wenn es für jemanden nicht passt“, erklärt er.

Viel mehr als erwartet
Katrin hat im Rahmen ihrer Ausbildung zur Religionslehrerin einige Zeit Geistliche Begleitung in Anspruch genommen. Es gehört zum Ausbildungs-Modul „Spirituelle Bildung“ dazu. Anfangs war es nur ein Punkt auf ihrer Aufgaben-Liste. „Ich konnte mir nichts darunter vorstellen“, erzählt sie. Zu ihrem ersten Treffen ist sie gespannt, aber ohne große Erwartungen hingegangen und wurde überrascht mit „so viel mehr als erwartet“.
Die passende Begleit-Person zu finden war ihr wichtig. Sie wollte niemanden, den sie schon kannte. Auf der Website der Katholischen Kirche Steiermark (siehe Infobox) wurde sie fündig. Und es hat gleich gepasst. „Da war vom ersten Moment eine gute Gesprächsebene und sofort ein Gefühl von Sicherheit“, erzählt sie. Trotz oder gar wegen der fremden Person als Gegenüber hatte sie das Gefühl, „über alles sprechen zu können und auch sich selbst besser kennen zu lernen“. Besonders bewegte Katrin, dass sie Möglichkeiten gefunden hat, ihren Glauben in den oft stressigen Alltag einzubringen.

Florian erwartete sich von Geistlicher Begleitung vor allem Orientierung – im Blick auf seinen Glauben und sein Leben. Gelernt habe er, nicht nur vom Kopf her, sondern auch aus der Gefühls- und Erfahrungsebene auf die eigene Gottesbeziehung zu schauen.

Das Potenzial des Glaubens weiten
Von ihrem Umfeld hat Katrin positive und neugierige Rückmeldungen bekommen, aber auch skeptische. „Das ist nur etwas für Insider“, war ein häufig gehörtes Vorurteil, das sie gern widerlegen möchte: „Ohne meine Ausbildung hätte ich dieses Angebot nicht in Anspruch genommen, weil ich nichts davon wusste“, bedauert sie. Geistliche Begleitung sei aber etwas für jeden Menschen, ist sie überzeugt: „Man wächst in einer Tradition auf, geht in die Kirche, denkt vielleicht nicht näher darüber nach, aber das Potenzial des Glaubens ist da, und man kann es weiten.“

Josef Riedl macht sich mit den Menschen, die er begleitet, gemeinsam auf die Suche nach „Spuren Gottes im Leben“. Für die Treffen nutzt er ein Gesprächszimmer in einem Pfarrhof. Am Tisch brennt immer eine Kerze. „Sie ist das Symbol dafür, dass wir nie nur zu zweit reden, sondern immer ein Dritter mit dabei ist.“ Das Gespräch beginnt er meist mit einem gemeinsamen Gebet und der Frage, was sich seit dem letzten Mal getan hat.

Geistliche Begleitung hat auch Grenzen, betont Riedl. Aber es geht ihm nicht um ein „Das halt ich nicht mehr aus“, sondern um die eigene Kompetenz. „Mit manchen Themen schicke ich Leute woanders hin.“ Die besonderen Momente in der Begleitung haben für Josef Riedl „mit dem Vertrauen zu tun, das man geschenkt bekommt“, und wenn er miterleben darf, wie „der andere die Spur Gottes bei sich entdeckt“.

Was im Schweigen wächst
Während der Geistlichen Begleitung bei P. Wolfgang Dolzer schweift der Blick der Begleiteten oft beim Fenster hinaus. „Ich sitze den Menschen schräg gegenüber, sodass sie an mir vorbei hinaus ins Freie schauen können“, erklärt der Jesuit. Er staunt oft, „was im Schweigen wächst“, und empfindet es als wichtige Erfahrung, dass man Menschen in der Geistlichen Begleitung nicht nur zum Reden, sondern auch zum Hören bringt. Denn „Gott ist in der Stille zu Hause“, ist P. Dolzer überzeugt. Für Johanna Hogrefe zählt es zu den schönsten Momenten in der Begleitung, wenn Menschen aufrechter oder mit einem entspannteren Gesichtsausdruck rausgehen, als sie hereingekommen sind.

Katharina Grager

KONKRET

Geistliche Begleitung …

  • … meint eine Reihe von Einzelgesprächen mit einer Begleiterin oder einem Begleiter, die in regelmäßigen Abständen (oft einmal monatlich) über einen längeren Zeitraum hinweg stattfinden.
  • … gehört zu den Diensten der Seelsorge für alle Gläubigen. Zeitrahmen, Ort, Inhalt und Gestaltung
    der Beziehung zwischen BegleiterIn und begleiteter Person sind klar vereinbart.
  • … geht von der Überzeugung aus, dass Gott jeden Menschen beim Namen ruft auf einen je eigenen und
    persönlichen Weg. Ziel Geistlicher Begleitung ist, dass es der oder dem Begleiteten gelingt, diese ganz persönliche Berufung zu entdecken, zu beantworten und zu entfalten.
  • … hat das ganze Leben der oder des Begleiteten zum Inhalt. Und zwar unter der zentralen Frage: Wo ist mehr Leben? Das Wahrnehmen, Reflektieren und die Gestaltung der Beziehung zu Gott und des eigenen Lebens stehen im Mittelpunkt.
  • … ist nur in einem freiwillig eingegangenen Vertrauensverhältnis möglich und kann nach Rücksprache von der begleiteten Person bzw. der Begleiterin oder dem Begleiter jederzeit beendet werden.
  • … will helfen und ermutigen, das Wirken des Geistes Gottes in der eigenen Lebensgeschichte und auf dem eigenen Lebensweg zu entdecken und zu bejahen.
  • … will keine Entscheidungen abnehmen und keine Vorgaben machen.
  • … ist keine Beichte. Dies sind zwei voneinander unabhängige Dienste der Kirche am Menschen.
  • … darf keine Therapie ersetzen. Gegebenenfalls sind psychiatrische und/oder psychotherapeutische Behandlung zu empfehlen.

Geistliche BegleiterInnen …

  • … verfügen über eine Ausbildung oder anderweitig erworbene notwendige
    Befähigung zur Geistlichen Begleitung,
  • … behandeln alles in Geistlicher Begleitung Gehörte vertraulich,
  • … haben eigene Vorerfahrungen und stehen selbst in Geistlicher Begleitung,
  • … führen ein geistliches Leben und
  • … sind offen für die Unterschiedlichkeit geistlicher Wege.

Begleitung finden
Online finden Sie eine Liste von Begleiterinnen und Begleitern aus der ganzen Steiermark, die für geistliche Begleitung ansprechbar sind: www.katholische-kirche-steiermark.at/geistlichebegleiterinnen

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

Kommentare

online discussion

Sie möchten kommentieren?

Sie möchten zur Diskussion beitragen? Melden Sie sich an, um Kommentare zu verfassen.

add_content

Sie möchten selbst beitragen?

Melden Sie sich jetzt kostenlos an, um selbst mit eigenen Inhalten beizutragen.

Powered by PEIQ