Sonntags in die Kirche – ein Muss?
Warum soll ich am Sonntag in die Kirche gehen und die heilige Messe mitfeiern? Nicht nur Jugendliche stellen diese Frage. Auch viele Erwachsene, die getauft und gefirmt sind und bei der Erstkommunion waren, sehen nicht ein, warum die regelmäßige Mitfeier der heiligen Messe an allen Sonn- und kirchlich gebotenen Feiertagen so wichtig sein soll.
Eine Mutter sagte einmal: „Herr Pfarrer, Sie können doch nicht verlangen, dass mein Erstkommunionkind am Sonntag in die Kirche geht. Der Sonntag ist für unsere Erholung, den lassen wir uns nicht durch die Kirche zerstören.“ Andere sagen: „Ich gehe nicht in die Kirche, ich kann auch zuhause oder im Wald beten!“
Was soll man dazu sagen? – Ich denke, wer unseren christlichen Glauben wirklich kennt, weiß, mit wem wir es in der heiligen Messe zu tun haben, und kann das, was da mitunter alles gegen die regelmäßige Mitfeier der heiligen Messe vorgebracht wird, nur zutiefst bedauern. Warum?
Für uns Christen ist Jesus Christus kein Toter der Vergangenheit, sondern ein Lebender. Er lebt bei Gott im Himmel, aber auch verborgen in der Kirche. Ganz besonders ist er unter uns gegenwärtig, wenn wir zusammen sind, um die heilige Messe zu feiern. Da ist er es, der dann zu uns spricht und mit uns das Mahl feiert und in der Kommunion in einem Stück Brot zu uns kommt, um unser Leben in sein Leben zu verwandeln, um aus uns Ich-Menschen immer mehr solche Menschen zu machen, die so wie er, Jesus, mit und für Gott und die anderen da sind und leben. So will er uns auch zu lebendigen Gliedern seines Leibes, zur Kirche, formen.
Der heilige Augustinus hat das kurz und prägnant ausgedrückt in dem Satz: „Den Leib Christi empfangen, heißt Leib Christi, Kirche, werden.“ „Die Kirche lebt und wächst aus der Eucharistie“ formulierten die Bischöfe auf unserem letzten Konzil in Rom (2. Vatikanisches Konzil, Lumen Gentium, Nr. 26).
Mitglied der Kirche sein und die Sonntagsmesse mitfeiern gehören von Anfang an auch zusammen. „Wir Christen können nicht leben, ohne die Sonntagsmesse mitzufeiern, und die Sonntagsmesse kann nicht ohne uns gefeiert werden“, antworteten 49 namentlich bekannte Christen aus Abitene, einem kleinen Dorf im heutigen Tunesien, als sie im Jahr 304 vom römischen Richter gefragt wurden, warum sie dem klaren und strengen Befehl des Kaisers zuwider gehandelt hätten. Diese Antwort hat sie das Leben gekostet. Sie sind als Märtyrer gestorben.
Das gilt heute noch genauso wie damals: Wir können als Christen nicht leben und überleben, das heißt, wir hören auf, Christen zu sein, wenn wir nicht regelmäßig zusammenkommen, um bei ihm, Jesus, zu sein, um auf ihn zu hören und mit ihm das Mahl zu feiern und uns in der Kommunion von ihm verwandeln zu lassen. Wie wahr das ist, beweist auch ein Blick auf die, die aus der Kirche austreten: Die meisten von diesen Menschen waren seit Jahren, ja seit Jahrzehnten nicht mehr in der Kirche.
Aber noch eines sollten wir bedenken: Der arbeitsfreie Sonntag ist ein Geschenk des Christentums an die Welt. Kaiser Konstantin hat im Jahr 313 dreihundert Jahre Christenverfolgung beendet und den heiligen Tag der Christen, den Sonntag, für das ganze römische Reich für arbeitsfrei erklärt, damit die Christen die heilige Messe mitfeiern konnten.
Die Möglichkeit zur Mitfeier der heiligen Messe ist auch der ursprüngliche Sinn des arbeits- und schulfreien Sonntags. Arbeitsund schulfreie Sonn- und Feiertage sind für uns Christen nicht bloß Tage der Erholung, der Muße, der Familie, der Möglichkeit, mit Freunden zusammen zu sein, Sport zu betreiben oder in einem Verein tätig zu sein, sie sind vor allem und in erster Linie Ermöglichung und Einladung, die heilige Messe mitzufeiern.
Der Sonntag ist für uns Christen der Tag, an dem wir uns in der Begegnung mit Gott und seinem lebenspendenden Wort mit den tragenden und zuverlässigen Werten unseres Lebens konfrontieren lassen, um wieder mehr zu uns selber, zueinander und zu Gott zu finden.
Die Mitfeier der heiligen Messe wird gerade heute auch immer mehr zu einer „Schlüsselfrage für die Identität von uns Christen“ (Dieter Emeis). Mit anderen Worten: Ob wir Christen sind und in Zukunft Christen bleiben, entscheidet sich auch und vor allem auch an der Frage: Wie hältst du’s mit der Mitfeier der heiligen Messe an Sonn- und kirchlich gebotenen Feiertagen? Aber es steht da noch mehr auf dem Spiel. Es geht dabei nicht nur um unser Christsein, sondern auch um unser Menschsein. „Menschenwürde und Kultur nehmen Schaden, wenn der Sonntag für immer mehr Menschen eingeebnet und zum Arbeitstag wird“, schreiben die österreichischen Bischöfe. Und weiter: „Wir appellieren an die führenden Persönlichkeiten in Politik, Wirtschaft und Kultur, zumal im Sport, die Bedeutung des Sonntags für den Menschen, die Familien und für die Humanität der gesamten Gesellschaft zu beachten.“
Jesus sagt das so: „Der Sabbat wurde für den Menschen gemacht, nicht der Mensch für den Sabbat“ (Mk 2,27). Und wir könnten da auch noch hinzufügen und sagen: Der Mensch ist nicht für den Sport, für die Vereine, für die Wirtschaft, für den Handel, für das Vergnügen geschaffen, sondern umkehrt. Das alles muss dem Menschen dienen! Der Mensch, sein Wohlergehen und sein Heil müssen im Mittelpunkt stehen.
Vielleicht verstehen wir jetzt nach all diesen Überlegungen auch besser, warum die Christgläubigen zur Teilnahme an der Messfeier an Sonn- und kirchlich gebotenen Feiertagen „verpflichtet“ sind (CIC 1983, Can 1247), und die Bischöfe auf unserem letzten Konzil in Rom (2. Vatikanisches Konzil, Liturgiekonstitution, Nr. 106) von einem „Muss“ der sonntäglichen Zusammenkunft der Christen sprechen: „An diesem Tag müssen die Christgläubigen zusammenkommen, um das Wort Gottes zu hören, an der Eucharistiefeier teilzunehmen und so des Leidens, der Auferstehung und der Herrlichkeit des Herrn Jesus zu gedenken und Gott dankzusagen, der sie ‚wiedergeboren hat zu lebendiger Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten‘ (1Petr 1,3)“.
ERICH SEIFNER, EM. STADTPFARRER, OBERWART
Autor:martinus Redaktion aus Burgenland | martinus |
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