13. Sonntag im Jahreskreis | 28.06.2020
Kommentar

Christsein ist kein Schönwetterprogramm
Echte Fußballfans erkennt man dann, wenn es bei ihrer Mannschaft gerade nicht läuft, wenn sie in einer Krise steckt und es wenig Anlass zum Jubeln gibt. Wer auf der Welle des Erfolges schwimmt, hat immer viele Anhänger. Wer aber eine Durststrecke zu überstehen hat – und das gilt nicht nur für den Fußball – oder angefeindet wird, wer dem Druck, immer erfolgreich zu sein, nicht standhält und aus der Bahn geworfen wird, der merkt bald, auf wen er sich wirklich verlassen kann und wer bloß ein Trittbrettfahrer seines Erfolges ist.
Auch in der Nachfolge und Jüngerschaft Jesu gehören eine große Frustrationstoleranz und Leidensbereitschaft zur Standardausrüstung. Das stellt Jesus seinen Aposteln deutlich vor Augen: Ein Leben in seiner Nachfolge ist kein reines Schönwetterprogramm. Es muss auch Stürmen, Niederschlägen und Dunkelheiten standhalten können. Die Erfolgskriterien für ein christliches Leben sind nicht Höhenflüge, Zustimmung und Anerkennung, sondern ein Leben in Fülle, ein Leben, das Höhen und Tiefen kennt, das Erhebendes und Bedrückendes einschließt, das beglückende und leidvolle Erfahrungen annehmen kann.
Das Leben ist nicht etwas, das in unserer Verfügung liegt. Wirkliches Leben ist etwas, das wir finden, das uns zufällt, das wir empfangen. Es lässt sich nicht festhalten. In den letzten Monaten haben wir schmerzlich erfahren, wie sehr unsere Vorstellung, alles im Leben sei planbar, eine Illusion ist. Um lebendig zu sein, braucht es auch die Fähigkeit, das Leben loszulassen, es zu verschenken.

Alfred Jokesch

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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