Das Konzil wieder lesen | Teil 04
Gottes Wort in Menschenwort
Das Zweite Vatikanische Konzil hat die einzigartige Bedeutung der Schrift deutlich herausgearbeitet. Damit entspricht es nicht nur den Anliegen der Bibelbewegung, die es bereits vor dem Konzil in der Kirche gegeben hat, sondern auch dem Anliegen der Ökumene: Die Heilige Schrift wird ja von allen Christen als die gemeinsame Grundlage anerkannt. Ihre Bedeutung spiegelt sich auch im Aufbau der Offenbarungskonstitution, die der Heiligen Schrift insgesamt vier Kapitel widmet.
Man kann die Bibel natürlich auch wie andere literarische Werke analysieren und beschreiben – damit wird man aber nicht der Tatsache gerecht, dass sie Gottes Wort in Menschenwort ist.
Im Unterschied zu einer rein literarischen Betrachtungsweise geht eine theologische Betrachtungsweise von der Glaubensüberzeugung aus, dass die Heilige Schrift auf einzigartige Weise das Wort Gottes bezeugt, ja – wie die Offenbarungskonstitution sagt – Gottes Wort „ist“.
Sie ist also das Wort Gottes, das im Glauben der ersten Zeugen und der Glaubensgemeinschaft der Kirche angenommen und von inspirierten Verfassern zur Sprache gebracht worden ist. So ist sie die erste und einzigartige Quelle des christlichen Glaubens.
<strong>Glaubensaussagen zur Bibel</strong><br />
Da – wie es das Konzil formuliert hat – „Gott in der Heiligen Schrift durch Menschen nach Menschenart gesprochen hat“ (DV 12), ist die Bibel ein besonderes Buch, die – wie wir sagen – Heilige Schrift. In diesem Sinn werden durch die Offenbarungskonstitution die wesentlichen Glaubensaussagen über die Heilige Schrift in Erinnerung gerufen, die bereits früher formuliert worden sind:
Der Kanon der Heiligen Schrift umfasst die 45 Bücher des Alten und die 27 Bücher des Neuen Testamentes – der Text der Konstitution verweist in der Fußnote auf das Erste Vatikanische Konzil (1869/1870), das seinerseits auf das Konzil von Trient (1545–1563) verweist, das wiederum mit dem Konzil von Florenz (1439–1443) übereinstimmt.
Inspiration der Heiligen Schrift bedeutet: Die Heilige Schrift ist als ganze unter Einwirkung des Heiligen Geistes verfasst worden. Das Konzil weist jede Einschränkung der Inspiration auf bestimmte Teile oder einzelne Aussagen der Heiligen Schrift zurück. Andererseits vertritt das Konzil nicht die Auffassung, dass Gott den biblischen Schriftstellern den Text diktiert hat, wohl aber, dass Gott durch das Wirken des Heiligen Geistes die Verlässlichkeit des Textes sichergestellt hat, den die menschlichen Verfasser formuliert haben.
Diese Verlässlichkeit der Heiligen Schrift wurde durch die Jahrhunderte immer als Irrtumslosigkeit der Heiligen Schrift gelehrt. Wie ist das zu verstehen? Dieser Frage hat sich auch das Konzil gestellt, denn es war den Konzilsvätern natürlich klar, dass es in der Heiligen Schrift historische und naturwissenschaftliche Irrtümer gibt.
Aber in der Heiligen Schrift geht es nicht um historische oder naturwissenschaftliche Informationen, sondern es geht um das Heil, das heißt es geht darum, dass Menschen sich im Glauben auf Gott einlassen, mit ihm in Beziehung kommen und mit ihm in Gemeinschaft leben. Das will Gott durch die Offenbarung und das Wort Gottes erreichen. Deshalb stellt die Offenbarungskonstitution fest, dass die Bücher der Heiligen Schrift „sicher, getreu und ohne Irrtum die Wahrheit lehren, die Gott um unseres Heiles willen in heiligen Schriften aufgezeichnet haben wollte“.
Darauf kommt es beim Lesen der Heiligen Schrift an: dass Menschen entdecken, wer Gott ist und dass er uns anspricht – zu unserem Heil.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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