Einander anvertraut | Teil 3
Erwartungen an den Gesetzgeber
Ermutigung zu einem umfassenden Schutz des Lebens und zum Diskurs darüber.
Aus der rechtlichen Möglichkeit zum assistierten Suizid darf kein „inneres Sollen“ werden, sagen die katholischen Bischöfe Österreichs.
Gespräch mit der Politik
In Verantwortung gegenüber den uns so zahlreich anvertrauten Menschen und aufgrund unserer Erfahrung in der Begleitung von Menschen in Krisensituationen suchen wir das Gespräch und den öffentlichen Diskurs mit den politischen Instanzen, die für die neue Gesetzgebung verantwortlich sind.
Aus unserer Sicht hat die bisherige Rechtslage am Lebensende in Österreich dem Anliegen Rechnung getragen, dass jeder Mensch es wert ist, geschützt zu werden. Wir appellieren daher an den Gesetzgeber, Maßnahmen zu setzen, die verhindern sollen, dass aus der rechtlichen Möglichkeit zum assistierten Suizid ein „inneres Sollen“ wird.
Dazu gehören aus unserer Sicht jedenfalls:
Absicherung und Ausbau der Suizidprävention
Suizidprävention muss weiterhin das erklärte staatliche Gesundheitsziel bleiben. Suizide sind existenzielle Tragödien, sie reißen tiefe Wunden in den Hinterbliebenen. Zur Suizidprävention zählen auch die flächendeckende, wohnortnahe und leistbare Palliativ- und Hospizversorgung sowie psychosoziale Begleitung in Krisensituationen für alle, die sie brauchen, bis hin zu einem Rechtsanspruch.
Ausschluss des Irrtums und der Einflussnahme Dritter
Suizidwillige müssen vor der Einflussnahme Dritter geschützt werden und dürfen nicht im Irrtum über die Umstände sein, die für die Einschätzung ihrer Lebenssituation wesentlich sind. Dazu gehört eine verlässliche Diagnose und Prognose ihrer Krankheit, eine verpflichtende Beratung über die konkreten Möglichkeiten der Palliativ- und Hospizversorgung sowie das Angebot einer psychotherapeutischen Beratung.
Schutz des Vertrauens in die Gesundheitsberufe
Suizidassistenz darf weder als Leistung von Ärzten noch sonst eines Gesundheits- oder Pflegeberufs klassifiziert werden. Diese stehen im Dienst des Lebens und nicht des Todes.
Gewährleistung der Ablehnungsfreiheit
Niemand darf zur direkten oder indirekten Mitwirkung an einem Suizid gedrängt werden – weder als Privatperson noch als organisatorische Einheit wie etwa Krankenhausträger oder Pflegeheime.
Absicherung des Verbots der Tötung auf Verlangen
Der VfGH hat bisher noch nicht das „Verbot der Tötung auf Verlangen“ aufgehoben – ein Umstand, der von Seiten der Politik mehrheitlich begrüßt wurde. Dieses Verbot sollte deshalb mit einer Verfassungsmehrheit im Parlament abgesichert werden.
Ermutigung zum „Tag des Lebens“
In den großen Fragen unserer Zeit teilen wir mit der gesamten Bevölkerung Momente der Unsicherheit und der Ungewissheit. Die Überzeugung, die wir in dieser Erklärung formuliert haben, versucht dennoch eine gewisse Orientierung zu geben, um in den entscheidenden bioethischen Fragen nicht der Gleichgültigkeit oder Mutlosigkeit das letzte Wort zu überlassen.
Vom überraschenden Beginn des Lebens bis hin zu seinem natürlichen Ende gibt es viele Momente von Glück und Gelingen, aber auch von Überforderung und Scheitern – genügend Möglichkeiten, um innezuhalten und den Wert des Lebens mit Demut und neuer Dankbarkeit anzunehmen. Ermutigen wir einander und alle Verantwortungsträger unserer Gesellschaft zu einem umfassenden Schutz des Lebens, denn: Wir sind einander anvertraut! Diese heilsame Dimension kommt in jedem Gebet zum Ausdruck – ob als Bitte, Klage oder Dank. Es stärkt unsere menschliche Verbundenheit und erneuert zugleich unsere Beziehung mit Gott, dem Ursprung und Ziel allen Lebens.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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