Aus der Wüste mitten in die Welt | Teil 1
Allen ein Bruder

Fünfzehn Jahre lebte Charles de Foucauld in der Sahara und erforschte das Leben der Tuareg.  | Foto: KNA
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  • Fünfzehn Jahre lebte Charles de Foucauld in der Sahara und erforschte das Leben der Tuareg.
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Charles de Foucauld führte ein Leben der Hingabe an Gott und die Menschen. Am 15. Mai wird er in Rom heiliggesprochen.

Papst Franziskus hat sich mit Leben und Spiritualität von Charles de Foucauld intensiv beschäftigt. In seiner letzten Enzyklika „Fratelli tutti“ über die Geschwisterlichkeit und soziale Freundschaft schreibt er: „Zum Schluss möchte ich jedoch an einen weiteren Menschen tiefen Glaubens erinnern, der aus einer intensiven Gotteserfahrung heraus seinen Weg der Verwandlung gegangen ist, bis er sich als Bruder aller fühlte … Aber nur durch die Identifikation mit den Geringsten wurde er zum Bruder aller Menschen. Möge Gott jeden von uns zu dieser Vision inspirieren.“

Ein abenteuerlicher Lebensweg
Nun soll der abenteuerliche Lebensweg Bruder Karls (so wird Charles de Foucauld gerne von seiner geistlichen Familie genannt) biographisch nachgegangen werden. Charles, geboren 1858 in Straßburg, hatte keine schöne Kindheit. Er war noch nicht einmal sechs Jahre alt, als seine Eltern starben. Der Vollwaise wächst mit seiner Schwester bei den Großeltern auf. Als Jugendlicher beginnt, wie heute bei so vielen Jugendlichen im selben Alter, eine schleichende Distanzierung vom Glauben und kirchlichem Leben. Charles besucht die Militärakademie und gibt sich in den folgenden Jahren wie in einem Taumel den Vergnügungen hin. Sein Leben verliert immer mehr an innerem Halt. Mit 22 Jahren wird er als Offizier nach Algerien geschickt. Zwei Jahre später quittiert er den Dienst beim Militär und unternimmt eine Forschungsreise nach Marokko. Er will das für Europäer und Christen verschlossene Land erforschen. Angesichts der muslimischen Frömmigkeit erwacht in ihm die Frage: „Und wenn Gott doch existiert?“ Zurückgekehrt nach Paris, erhält er für seinen Forschungsbericht die Goldmedaille. In einer Phase inneren Suchens begegnet er Abbé Huvel, einem Priester, der ihm Vater und Freund wird. Im Oktober 1886 schließlich findet Charles zum Glauben zurück. „Sobald ich glaubte, dass es einen Gott gibt, war mir auch klar, dass ich nur für ihn leben konnte.“

Besonders zu den Verlassenen
Während einer Pilgerfahrt durchs Heilige Land entdeckt er für sich die Person Jesus von Nazaret. Diese Entdeckung bestimmt sein weiteres Leben. Sieben Jahre lebt er als Trappistenmönch, hauptsächlich in Syrien, gut drei Jahre ganz zurückgezogen in Nazaret. Ab jetzt ist ihm klar, dass die Liebe zu Jesus und das Verlangen, ihm nachzufolgen, ihn zu den Menschen führt, besonders zu den Verlassenen.

Nach der Priesterweihe 1901 kehrt Charles nach Algerien in die Sahara zurück, in das Land, dem er den ersten Anstoß zur Suche nach Gott verdankt. Fünfzehn Jahre ist nun sein Leben ganz auf Jesus hin ausgerichtet. Er lebt zunächst in Beni Abbes, später in Tamanrasset als Freund und Bruder der Tuareg-Nomaden. Dort widmet er sich auch der Erforschung ihrer Sprache und Kultur. Am 1. Dezember 1916 wird Charles de Foucauld beim Überfall einer aufständischen Nomadenbande gewaltsam umgebracht.
Wer sich mit Bruder Karl näher befasst, bleibt nicht unberührt – seine Schriften und sein Leben verweisen beständig auf Jesus und sein Wort.

Alois Sosteric

3 FRAGEN AN
Wolfgang Schwarz, Pfarrer in Graz-Schutzengel und -Christkönig.

An welches Lebensereignis von Bruder Karl denkst du gern?
Als erstes fällt mir ein, dass Charles de Foucauld als 25-Jähriger allein – als jüdischer Rabbi verkleidet – eine Forschungsreise durch Marokko unternahm. Marokko war damals für Europäer Sperrgebiet. Er hat dafür heimlich Arabisch gelernt.

Was fasziniert dich an seinem Leben?
Seine Radikalität, Jesus immer ähnlicher zu werden. Besonders sein ausgesetztes Leben in Armut wirkt auf mich anziehend.

Was können Christen von heute von ihm lernen?
Wir können ganz gut ohne zu predigen das Christentum sichtbar machen. Durch das Vorleben und die Gastfreundschaft allen gegenüber wollte Bruder Karl überzeugen. Das ist auch für uns heute ein befreiender Weg, unseren Glauben zu leben und für andere als Möglichkeit vorzuschlagen. Bruder Karl formuliert es so: „Apostel sein – wie? Durch Güte, Zärtlichkeit … bei einigen, ohne ihnen jemals ein Wort über Gott oder die Religion zu sagen.“

Fünfzehn Jahre lebte Charles de Foucauld in der Sahara und erforschte das Leben der Tuareg.  | Foto: KNA
Wolfgang Schwarz, Pfarrer in Graz-Schutzengel und -Christkönig | Foto: Neuhold
Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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