Kirche Steiermark
Ziel und Start zugleich

Bei der Abschlussfeier auf der Glockenwiese war die Freude über das Geschaffte bei allen groß. Sieben von acht strategischen Richtungsaussagen konnten im Konsent beschlossen und Generalvikar Erich Linhardt, in Vertretung des Diözesanbischofs, übergeben werden.  | Foto: Gerd Neuhold / Sonntagsblatt für Steiermark
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  • Bei der Abschlussfeier auf der Glockenwiese war die Freude über das Geschaffte bei allen groß. Sieben von acht strategischen Richtungsaussagen konnten im Konsent beschlossen und Generalvikar Erich Linhardt, in Vertretung des Diözesanbischofs, übergeben werden.
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Die erste Diözesankonferenz der Katholischen Kirche Steiermark ist zu Ende. Eine synodale Erfahrung, die weiterwirken soll, resümierte Weihbischof Johannes Freitag.

Es riecht nach Zukunft“, schallte es am 4. April durch den Saal von Schloss Seggau. 141 TeilnehmerInnen waren zur zweiten Versammlung der Diözesankonferenz gekommen. Bischof Wilhelm Krautwaschl, der aus Krankheitsgründen nicht dabei sein konnte und von Generalvikar Erich Linhardt vertreten wurde, bedankte sich in einem schriftlichen Grußwort bei allen für die aufgewendete Zeit: „Ihr Engagement stimmt mich optimistisch für die Zukunft der katholischen Kirche in der Steiermark.“ Denn diesem Abschlusstreffen war ein intensiver mehrwöchiger Prozess vorausgegangen.

Seit dem Startschuss der Diözesankonferenz Ende Jänner, waren alle Teilnehmenden in Arbeitsgruppen am Werk gewesen. Diese haben sich mit der Ausrichtung der Katholischen Kirche Steiermark in einer pluralen Gesellschaft, der Weitergabe des Glaubens, Solidarität mit Armen und Benachteiligten, Innovation und Exnovation, Vielfalt und Dialog, Ehrenamt, gemeinsamer Verantwortung und Bewahrung der Schöpfung auseinandergesetzt.

Die acht Themengruppen trafen sich mehrmals – in Präsenz und online – um zu beraten. Das Ziel war die Formulierung einer „strategischen Richtungsaussage“, die möglichst prägnant formuliert den gewünschten Zustand der Katholischen Kirche Steiermark im Jahr 2030 beschreiben sollte.

Vor dem zweiten Treffen von 4. bis 5. April hatten die TeilnehmerInnen die Möglichkeit, sich vorab in „Online-Dialogforen“ zu allen Richtungsaussagen zu informieren und Rückfragen zu stellen. Beim abschließenden Treffen ging es ans Abstimmen. Dies erfolgte nach dem Konsent-Prinzip. Jedes Thema wurde in Erinnerung gerufen. Danach konnten in einer ersten Runde mittels Zeigen einer grauen Karte Verständnisfragen gestellt werden. Die zweite Runde ermöglichte mit gelben Karten das Äußern von ergänzenden Meinungen, die auch protokolliert wurden.

Danach starteten drei Abstimmungs-Runden: Mit einer türkisfarbenen Karte zeigten die Teilnehmenden, dass sie keine Einwände zur Richtungsaussage haben. Mit einer pinken Karte konnten schwerwiegende Einwände vorgebracht werden. Ein Einwand sollte möglichst prägnant, immer mit Begründung und bestenfalls auch Verbesserungsvorschlägen vorgetragen werden. Einwände konnten zu Textänderungen führen oder als Ergänzung unter dem Text zu Protokoll gegeben werden.

Alle Einwände und Meinungen wurden synodal gehört. | Foto: Gerd Neuhold / Sonntagsblatt für Steiermark
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Die erste Palatschinke. Um eine Richtungsaussage im Konsent zu verabschieden, mussten bei der dritten Runde alle Karten türkis und damit keine Einwände mehr vorhanden sein. Beim ersten Thema erforderte dies viel Geduld von allen Beteiligten. Rückblickend auf den holprigen Start verglich Weihbischof Johannes Freitag ihn augenzwinkernd mit der „ersten Palatschinke“: Die Zutaten seien gut, das Ergebnis essbar, aber eben ein bisschen „verwordagelt“.

Insgesamt war viel Disziplin aller Teilnehmenden notwendig, und auch der straffen und zugleich einfühlsamen Moderation von Rosa Hojas und Mathias Pascottini war es zu verdanken, dass alle acht Richtungsaussagen an diesen zwei Tagen verabschiedet werden konnten.

Um Worte gerungen. Was den Prozess besonders und herausfordernd machte: Jede und jeder konnte seine Meinung oder begründete Einwände äußern. Dabei wurden persönliche Erfahrungen hörbar, theologische Standpunkte abgewogen und spirituelle Perspektiven geteilt. Gemeinsam wurde an den Texten gefeilt, immer wieder um einzelne Worte gerungen, Begriffe ausgetauscht oder Passagen umformuliert, bis alle 141 Stimmberechtigten ohne schwerwiegenden Einwand mitgehen konnten. Nur beim Thema „Vielfalt als Chance
– im Dialog bleiben“ gelang dies nicht. Der Text wurde letztlich mit fünf protokollierten Einwänden, die sich großteils auf die Formulierung der „Chancengleichheit der Frauen im Sinne der Menschenrechte“ bezogen, als Resonanz weitergegeben.

Am Schluss ging es auch einmal ganz reibungslos. Die letzte Richtungsaussage zum Thema „Gottes Schöpfung bewahren“ wurde (als einzige) „einwandfrei“ – also gänzlich ohne Einwand – verabschiedet. Ein Thema, das über unterschiedliche Einstellungen hinweg, alle Anwesenden einte?

Zum Dank und als Erinnerung erhielten alle eine kleine Hoffnungskerze. | Foto: Gerd Neuhold / Sonntagsblatt für Steiermark
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Wie geht es weiter? Die strategischen Richtungsaussagen liegen inzwischen Bischof Wilhelm Krautwaschl vor, und er wird sie demnächst zur Weiterarbeit freigeben. Eine kleine Gruppe wird daraus bis 2026 konkrete strategische Ziele und Maßnahmen für die Diözese erarbeiten. Der Segen der Diözesankonferenz solle sie dabei begleiten, betonte Rosa Hojas wiederholt.

„Wenn Sie von der Diözesankonferenz eine gute Idee mitgenommen haben, müssen Sie aber nicht bis nächstes Jahr warten – einfach machen!“, motivierte Manuela Reicht, Leiterin des diözesanen Prozessbereichs Steuerung & Qualität und an der Organisation der Diözesankonferenz entscheidend beteiligt, die Anwesenden. Weihbischof Johannes Freitag bestärkte ihre Worte: „Wir haben in diesen zwei Tagen nicht nur Papier produziert, sondern eine konkrete Erfahrung von synodaler Kirche gemacht. Das können wir ab sofort leben!“

Passend dazu empfing ein Teppich mit den Worten „Start“ und „Ziel“ die TeilnehmerInnen am Ende der Konferenz beim Verlassen des Saales. Bischof Freitag lud alle ein, die synodale Erfahrung mit einem bewussten „Ich steh’ dazu!“ mit nach Hause zu nehmen.

Katharina Grager

Was beraten wurde, heißt es jetzt auf den Boden zu bringen, so Weihbischof Johannes Freitag. Die Diözesankonferenz war damit Ziel und Start zugleich – wie auf diesem Teppich zu lesen, auf dem Bischof Freitag einlud, bewusst zu sagen: „Ich steh’ zu einer synodalen Kirche!“
  • Was beraten wurde, heißt es jetzt auf den Boden zu bringen, so Weihbischof Johannes Freitag. Die Diözesankonferenz war damit Ziel und Start zugleich – wie auf diesem Teppich zu lesen, auf dem Bischof Freitag einlud, bewusst zu sagen: „Ich steh’ zu einer synodalen Kirche!“
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Im Originalton

„Für mich war die Diözesankonferenz eine bunte und bereichernde Zeit! Ich durfte engagierte ChristInnen, deren Erfahrungen und Perspektiven kennenlernen. Wir haben uns aktuellen und altbekannten Herausforderungen gestellt. Nicht zuletzt konnten wir eine gemeinsame Vision für die nächsten fünf Jahre entwickeln – für eine ‚wunderbare & wandelbare‘ Diözese Graz-Seckau.“

Lorenz Schlögl
Student, Lehramt Religion

„In der zweiten Plenartagung der Diözesankonferenz ist es den Verantwortlichen auf beeindruckende Weise gelungen, Synodalität im Rahmen vorgegebener Texte auszuprobieren und durchzuführen. Dabei ist ein lebendiger Dialog entstanden, der zentrale Spannungsfelder zutage brachte: Frauen und Männer, Kleriker und Laien, Pastoral und Kirchenrecht, Mission und Dasein. Ich hoffe, dass es für viele eine gute Erfahrung war, so dass synodale Prozesse in Kirche weiter an Bedeutung gewinnen.“

Prof. Dr. Bernd Hillebrand
Katholisch-Theologische Fakultät Graz

„Trotz unterschiedlicher Zugänge und Meinungen war eine wertschätzende Atmosphäre spürbar. Es geht um einen gemeinsamen Weg, auf dem Vertrauen und Offenheit zwei wesentliche Begleiter sein müssen. Eine hervorragende Moderation, geistliche Impulse, musikalische Unterbrechungen und Stille trugen wesentlich zu einem guten und fruchtbaren Arbeiten bei. Für die Zukunft wünsche ich mir und uns, dass die Freude am Glauben, gelebt aus einer persönlichen Beziehung zu Christus, unserer Mitte, uns hilft, die strategischen Richtungsaussagen in die Tat umzusetzen.“

Schwester Roswitha Bauer
Delegierte im Diözesanrat

„Einüben in die synodale Haltung und dranbleiben, wenn es schwierig wird – das war unsere große Aufgabe. Geistliche Impulse stärkten dabei den Fokus auf das Thema. Wie ein ‚Mikrokosmos‘ der Diözese ist die Vielfalt in der Gruppe und äußerst wertvoll der achtsame Austausch.“

Karl Felber
ehrenamtlicher Themen(mit)verantwortlicher

„Die erste Diözesankonferenz hat vielen Menschen in der Steiermark - ob in der Kirche beheimatet, Fernstehend oder mit einem kritischen Blick - die Möglichkeit gegeben, ganz offiziell an der Ausrichtung der Katholischen Kirche Steiermark mitzuwirken. Wir haben auf die verschiedenen Positionen gehört, miteinander gerungen und schlussendlich sagen können – diese Entscheidungen trage ich mit. Es ist ein starkes Zeichen und ich freue mich sehr, dass unsere Kirche in der Steiermark dieses wichtige Signal der Mitgestaltung gesetzt hat.“

Nora Tödtling-Musenbichler
Direktorin der Caritas Steiermark
Präsidentin der Caritas Österreich

Die Stimmberechtigten
Die 141 Stimmberechtigten dieser Diözesankonferenz setzten sich zusammen aus Gremien (Diözesanrat, Priesterrat, Diakonenrat …), VertreterInnen von Bildungseinrichtungen, Ordensgemeinschaft … und ausgewählten LebensweltexpertInnen. 58 Frauen und 83 Männer berieten über die zukünftige Richtung der Katholischen Kirche Steiermark.

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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