APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
5. Warum sagt man zu Jesus auch Christus?
Der griechische Ehrentitel christós (lateinisch Christus) entspricht dem hebräischen Wort „Messias“. Es ist also kein beliebiger Nachname wie Mustermann, sondern bedeutet „Gesalbter“.
Im Alten Israel ist dieser Titel zuerst Königen vorbehalten, die im Zuge ihrer Amtseinsetzung mit kostbarem Öl „gesalbt“ werden. In politisch und gesellschaftlich schwerer Zeit entsteht dann im Judentum die Sehnsucht nach einem idealen – und keineswegs nur irdischen – Herrscher, der von aller Bedrängnis erlöst, einem Messias also. Dieser Titel wird auch mit der Hoffnung auf eine neue Politik des Friedens durch einen Nachkommen des großen Königs David aufgeladen.
Was nach 2000 Jahren wie ein von Anfang an feststehender zweiter Eigenname Jesu klingt, ist eine dynamisch gewachsene Zuschreibung von außen an ihn: Die Anhängerinnen und Anhänger Jesu sind es, die ihm diesen jüdischen Ehrentitel verleihen. Für sie ist er DER CHRISTUS Jesus. (Davon abgeleitet bezeichnen sie sich selbst später als „Christinnen“ und „Christen“, also „Messiasianerinnen“ und „Messiasianer“.) Ein komplexer Titel, in dem sich sehr unterschiedliche Hoffnungen und Erwartungen bündeln.
Auf die Frage „Bist du der Messias, der Sohn Gottes?“ antwortet Jesus dem Hohenpriester wohl auch deshalb ausweichend: „Du hast es gesagt.“ (Mt 26,64) Der einfache Bauhandwerker mit dem im antiken Judentum beliebten Vornamen Jeschu(a) – Jesus ist die griechische Form davon! – will kein politischer „König der Juden“ sein, sondern zeigt, dass sein „Königtum“ ganz anderer Art ist. Als ihn seine Jüngerinnen und Jünger nach seinem Kreuzestod als lebend erfahren, sehen sie darin den Beweis für seine Auferstehung, womit sie die Überwindung aller irdischen Zwänge und Begrenzungen verbinden. Auch die des Todes.
Durch Jesus wird der jahrhundertelang gewachsene Messias-Begriff neu bestimmt: Souveränität und Verwundbarkeit. Der sterbliche und auch (mit)leidende Mensch Jeschua ist für seine Anhängerinnen und Anhänger zugleich Christós – ein Christus, der für sie den tiefen inneren Frieden, ja das Heil überzeugend erfahrbar macht(e). Schon hier auf Erden …
Irene Maria Unger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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