APROPOS Jesus | 60 Fragen - 60 Antworten
44. Wie war das mit dem Letzten Abendmahl?
Am Abend vor seiner Hinrichtung hat sich Jesus mit einem engeren Jüngerkreis zu einem gemeinsamen Mahl getroffen. Das berichten alle vier Evangelien und auch Paulus. Ob das ein jüdisches Pessach-Mahl (mit Osterlamm) war, wie die ersten drei Evangelien erzählen, oder „nur“ ein Essen in zeitlicher Nähe zum Pessach-Fest, wie das Johannesevangelium angibt, lässt sich nicht mehr sicher sagen. Die Bibelwissenschaft folgt großteils Johannes. In jedem Fall war dieser Abend von der Pessach-Stimmung geprägt. Zu Pessach (aramäisch Pas:cha) feiern jüdische Familien alljährlich die Befreiung Israels aus der ägyptischen Sklaverei zu Moses Zeiten. Frohe Dankbarkeit für die göttliche Rettung in der Vorzeit paart sich mit der Hoffnung auf endgültige Erlösung.
Das Johannesevangelium erzählt, wie Jesus sich bei dieser Zusammenkunft zum Diener seiner Jünger macht, ihnen die Füße wäscht und sie zugleich zur gegenseitigen Liebe mahnt: „Ihr sagt zu mir Meister und Herr und ihr nennt mich mit Recht so; denn ich bin es. Wenn nun ich, der Herr und Meister, euch die Füße gewaschen habe, dann müsst auch ihr einander die Füße waschen. Ich habe euch ein Beispiel gegeben, damit auch ihr so handelt, wie ich an euch gehandelt habe.“ (Joh 13,13–15) Jesus lebt vor: Liebe ist die Kraft der Erlösung.
Die ersten drei Evangelien und Paulus erzählen von zwei anderen Symbolhandlungen Jesu an diesem Abend, die bis heute in christlichen Gottesdiensten eine zentrale Rolle spielen. Paulus überliefert das so: „Jesus, der Herr, nahm in der Nacht, in der er ausgeliefert wurde, Brot, sprach das Dankgebet, brach das Brot und sagte: Das ist mein Leib für euch. Tut dies zu meinem Gedächtnis! Ebenso nahm er nach dem Mahl den Kelch und sagte: Dieser Kelch ist der neue Bund in meinem Blut. Tut dies, sooft ihr daraus trinkt, zu meinem Gedächtnis!“ (1 Kor 11,23–25) Ähnlich berichten das auch die ersten drei Evangelien, wobei die Jesusworte, die sie jeweils überliefern, voneinander abweichen (vgl. Mk 14,17–25; Mt 26,20–29; Lk 22,14–20). Der genaue Wortlaut scheint ihnen nicht wichtig zu sein. Aber alle Quellen sind sich einig, dass Jesus beim Verteilen des Brotes von seinem „Leib“ und beim Reichen des Kelches von seinem „Blut“ gesprochen hat. Beides ist ein ungemein starker Ausdruck seiner Liebe und Lebenshingabe bis in den Tod. Und der Auftrag „Tut das zu meinem Gedächtnis!“ meint in der Sprache der Bibel nicht bloß ein Erinnern an Vergangenes, sondern vielmehr ein „Gegenwärtig-Setzen“: Sooft ihr Jesu Mahl feiert, ist er unter euch da und wirksam präsent.
Alle christlichen Kirchen pflegen diesen Brot- und Wein-Ritus Jesu, wenn sie – je nach Konfession – Eucharistie (Messe) oder Abendmahl feiern. Und alle Konfessionen bekennen, dass Jesus in diesen ihren Feiern gegenwärtig wird und die Mitfeiernden mit sich und untereinander verbindet. Über das „Wie“ seiner Gegenwart gibt es allerdings verschiedene Auffassungen. Katholischer und orthodoxer Glaube bekennt: Jesus wird in den Gestalten von Brot und Wein unsichtbar, aber real gegenwärtig; was bei der Kommunion genossen wird, ist sein Leib und Blut; er gibt sich selbst zur Speise. Ähnlich lehrt das auch Martin Luther. Weniger „realistisch“ sehen das die Reformatoren Zwingli und Calvin. Erst 1973 einigten sich die protestantischen Kirchen Europas auf diese Formel: „Im Abendmahl schenkt sich der auferstandene Jesus Christus in seinem für alle dahingegebenen Leib und Blut durch sein verheißendes Wort mit Brot und Wein.“ (Leuenberger Konkordie)
Für Menschen, die nicht Theologie studiert haben, klingen Diskussionen über das „Wie“ der Gegenwart Jesu kompliziert. Viele wünschen sich einfach, Gläubige aller christlichen Konfessionen mögen gemeinsam zum „Tisch des Herrn“ gehen. Katholische und orthodoxe Kirchenführer wenden dagegen ein, die konfessionellen Differenzen im Kirchen- und Amtsverständnis seien noch zu groß. Papst Franziskus setzte allerdings 2015 ein prophetisches Zeichen, als er der lutherischen Gemeinde in Rom ausgerechnet einen Abendmahlskelch (!) schenkte. Die gemeinsame Feier der Eucharistie bleibt Ziel der Ökumene.
Karl Veitschegger
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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