Leserreise
Mutig in die neuen Zeiten
Mit dem SONNTAGSBLATT_unterwegs waren wir endlich wieder auch in der Karwoche.
Bis vor zwei Jahren eröffnete die vorösterliche SONNTAGSBLATT_Reise zumeist unsere Reisesaison. Und plötzlich waren aufgrund der Corona-Pandemie keine Gruppenreisen mehr möglich. Mit großer Vorsicht, Respekt und Mut haben wir uns in der Karwoche 2022 mit 47 Teilnehmenden an diese Reise in die Toscana herangewagt. Wie frisches Wasser nach einer langen Durststrecke saugen wir gleich zu Beginn in Ferrara frühlingshafte südliche Sonnenstrahlen auf. Nach zweijähriger „Winterzeit“ ohne Reisegenuss werden anstandslos alle unsere guten und freundlichsten Geister geweckt.
Betrachten. Den Palmsonntag erleben wir in Florenz. Wir stellen uns am östlichen Eingang der Kathedrale für den Palmsonntagsgottesdienst an. Freundliche Hände reichen Ölzweige. Im klaren Kirchenraum trägt das von der Kantorin herzergreifend vorgetragene „Dio mio, Dio mio, perché mi hai abbandonato / Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ der Palmsonntagsfeier unsere Gedanken und Gebete zu den heutigen Orten der Verlassenheit. Zum Nachmittagsspaziergang beeindrucken die weltberühmten Sehenswürdigkeiten beim Betrachten oder beim erinnernden Wiederbetrachten.
Abseits vom Touristenrummel herrscht in Carrara noch heute ein eher einfaches Leben. Wo immer hochwertiger weißer Marmor kreativ verwendet werden soll, fällt die Entscheidung meist auf den Marmor aus Carrara. Insgesamt gibt es heute noch 200 Steinbrüche („Cave“), einen davon können wir mit einer tollen unterirdischen Führung erkunden.
Vom italienischen Mönch und Philosophen Giordano Bruno stammt angeblich der Wortwitz „Se non è vero è ben trovato / Und wenn’s nicht wahr ist, so ist es gut getroffen“. Das Bonmot begegnet uns auf der Reise öfter, etwa wenn erklärt wird, warum der Schiefe Turm von Pisa wohl schief ist. Kerzengerade sei er ursprünglich dagestanden, wird da behauptet. Als die Stadtväter den Baumeister aber finanziell „über den Tisch ziehen“ wollen, befiehlt der Baumeister dem Turm, ihm zu folgen. Der Kampanile neigt sich zum Entsetzen aller dem Baumeister zu, und dieser lässt die Stadt mit einem schiefen Turm zurück. – Eben: Se non è vero è ben trovato.
San Gimignano, das „mittelalterliche Manhattan“, besitzt noch heute 14 der ursprünglich 72 „Geschlechtertürme“. Wie in keinem anderen Ort der Toskana liefert die mit UNESCO-Geldern sorgsam restaurierte Bausubstanz eine Vorstellung vom städtischen Leben während des Mittelalters.
In Siena begeistert die muschelförmig angelegte Piazza del Campo. Der Platz präsentiert mit dem Dom aus schwarzem und weißem Marmor eines der bedeutendsten Beispiele gotischer Architektur in Italien.
Zeit. Wir nehmen uns auch Zeit für das Geburtshaus der Katharina von Siena. Die Kirchenlehrerin und „Schutzpatronin“ Europas war hellsichtig für die Zeichen der Zeit und erfüllt von einer brennenden Liebe zur Kirche.
Als berührenden Höhepunkt der Reise empfinden viele von uns La Verna. Hierher hat sich Franziskus einige Jahre vor seinem Tod zurückgezogen, hier hat er die Wundmale Christi erhalten. Die herbe Klosteranlage, in der wir auch nächtigen dürfen, schärft unseren Blick auf das Leben des Franz von Assisi.
Ermutigung. Nach diesem „Reise-Neustart“ freuen sich viele darüber, dass unsere Reisen in froher Gemeinschaft wieder möglich sind. Sie geben Kraft fürs Leben.
Heinz Finster
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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