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Was ist künstlich intelligent?
An allen Ecken hört man von ihr: Künstliche Intelligenz – kurz KI. Ihrer Nachteile gewiss und von ihren Vorteilen überzeugt ist Jaromir Konecny, Dozent für KI. Wo Nachteile und Gefahren von KI liegen, wägt der Ethiker Thomas Gremsl für uns ab.
Bist du gscheit?
Künstliche Intelligenz (kurz KI) – denken Sie dabei an Terminator, Star Trek oder den Film „I, Robot“? Doch so weit entfernt ist sie nicht. Sie kennen vielleicht Sprachassistenten wie „Siri“ oder „Alexa“ oder haben von der Anwendung „ChatGPT“ gehört. KI ist schon in unserem Alltag präsent. Aber was soll man von ihr halten? In einem sind sich viele einig: KI-Systeme können viel. Und damit sicher auch viel Hilfreiches. Zugleich gibt es eine Menge Herausforderungen, die es zu berücksichtigen gilt. All das könnte natürlich ganze Bücher füllen – und tut es auch schon. Wir haben zwei Experten um eine kurze Einschätzung zu Vor- und Nachteilen von KI gebeten.
Künstliche Intelligenz – ein Werkzeug gegen vielfältige Bedrohungen.
Dr. Jaromir Konecny
ist Dozent für KI an der SRH Fernhochschule. Er betreut den YouTube-Kanal K.I. Krimis über ungelöste Rätsel der KI.
In seinem Buch „So lasst uns denn ein Apfelbäumchen pflanzen – Es ist so weit“ (1985) vertrat Hoimar von Ditfurth die Ansicht, die Menschheit könne ihr Verhalten nicht so grundlegend ändern, um den eigenen Untergang zu verhindern. Trotzdem sollten wir ein Apfelbäumchen pflanzen. Das glaubte ich im neuen Jahrtausend auch: Trotz der existenziellen Bedrohung durch den Klimawandel und einen globalen Atomkrieg haben Regierungen nur ihre eigenen Interessen im Sinn. Immer wieder tauchen Rattenfänger auf, die mit ihrem Hass Millionen anstecken. Doch mit Deep Learning wurde uns plötzlich ein Geschenk gemacht: ein Werkzeug gegen die Bedrohung: den Klimawandel, die Energiekrise, Krankheiten, Pandemien: Mit dem KI-Modell AlphaGo hat DeepMind das Problem der Proteinfaltung gelöst: Jetzt können wir Wunder-Medikamente entwickeln. Ein KI-Modell konnte die Magnetspulen eines Kernfusionsreaktors steuern – somit ist saubere Kernenergie endlich realistisch. Und vieles andere.
Der Aufbruch der Künstlichen Intelligenz
Leider kommt unsere KI-Bildung aus der Popkultur. Viele sehen KI als Terminator. Obwohl das englische Wort „Intelligence“ auch Informationsverarbeitung bedeutet. So wie es der österreichische KI-Pionier Robert Trappl sagte: „Die Central Intelligence Agency (CIA) heißt ja auch nicht so, weil die so gescheit sind.“ Die Gefahren der KI liegen nicht in ihrer Verselbstständigung, sondern im Missbrauch durch Firmen und Regierungen. USA und China haben Europa in KI bereits abgehängt. „Wer in KI in Führung gehe, werde die Welt beherrschen“, sagte Vladimir Putin. Sollen wir andere über uns entscheiden lassen? Das Apfelbäumchen pflanzen?
Als menschengemachte Produkte können KI-Systeme nie fehlerfrei sein.
Univ.-Prof. Dr. Thomas Gremsl
ist Ethiker an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Graz.
Wir werden heute bereits umfassend von KI-Systemen beeinflusst, oft ohne es wirklich zu merken. Zunehmend wird auf solche Systeme gesetzt, da sie durch ihre Komplexität für viele Menschen Perfektion und Unfehlbarkeit suggerieren. Dabei vergisst man nur allzu leicht, dass es sich bei KI-Systemen um menschengemachte Produkte handelt. Daher können sie niemals frei von Fehlern sein. Solche Systeme „lernen“. Dafür sind riesige Mengen an Daten nötig. Bereits durch die Auswahl der Daten können „Verzerrungen“ entstehen. Z. B.: In den USA führte eine „schlechte“ Datenbasis für das Training eines KI-Systems für Gesichtserkennung im Rahmen der Polizeiarbeit zur Diskriminierung von Menschen mit schwarzer Hautfarbe, da die Datenbasis großteils aus Bildern von Menschen mit weißer Hautfarbe bestand. Durch den Einsatz eines solchen Systems kann es zu einer systematischen, lange unbemerkt bleibenden Diskriminierung vieler Menschen kommen.
Künstliche Intelligenz nie absolut setzen
Hinzu kommt, dass besonders komplexe KI-Systeme meist auch „Black-Boxes“ sind; d. h., es ist oft nur sehr schwer bis gar nicht erklärbar, wie das System aufgrund eines konkreten Inputs zu einem Output kommt. Wichtig erscheint mir also, dass wir die Ergebnisse von KI-Systemen nicht als Absolutum verstehen und/oder unsere Perspektiven dadurch einengen. Letztlich sind es Wahrscheinlichkeiten, die auf einer Datenbasis generiert werden, von der wir nicht wissen, wie „gut“ diese ist. Es gilt, den Einsatz von KI-Systemen nicht per se zu verteufeln, aber sie reflektiert und menschengerecht zu konstruieren und einzusetzen.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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