Positionen - Karl Veitschegger
Herzblut

Die Krankenhausseelsorgerin betritt das Zimmer. Nein, er brauche keine Seelsorge, sagt der Patient. Aber dann wird doch ein tiefes Gespräch daraus, „weil sie“, wie er später an-erkennt, „so ein offener, lieber Mensch ist und etwas vom Leben versteht“.
Ein Priester schreibt mir, er ärgere sich über gewisse kirchliche Verordnungen, aber die Begegnung „mit den Menschen vor Ort“ mache ihm täglich viel Freude. „Die Leute“ sind ihm wichtig.
Eine Religionslehrerin zeigt mir mit Begeisterung ihre gründlichen Vorbereitungen für den Unterricht: „Ich habe junge Menschen so gerne.“ Viel Herzblut fließt in ihre Arbeit.
Drei Menschen, die stellvertretend für viele stehen, die beruflich im Auftrag der Kirche arbeiten und es mit Herz, Klugheit, Fantasie und wachem kritischen Geist tun. Sie sind nicht immer bequem, aber voll Feuer. Ihnen gilt heute meine besondere Aufmerksamkeit und mein Dank. Die wichtigste Aufgabe kirchlicher Führungskräfte sollte es sein, solche Menschen aufzuspüren und zu fördern.
„Homo factus est“, heißt es im Großen Credo über Jesus: „Er ist Mensch geworden.“ Bevor er ein Wort gepredigt oder ein Wunder gewirkt hat, ist er unser Mitmensch geworden. So beginnt Erlösung. Von Mensch zu Mensch. Das ist der Weg Gottes. Nur wer die Menschen gern hat, kann mit ihnen Gott entdecken. Gute Seelsorgerinnen und Seelsorger wissen das und arbeiten so. Ob die Kirche als Organisation dadurch wieder rasch an Ansehen gewinnt, weiß ich nicht. Aber das Reich Gottes wächst so – unaufhaltsam.

Karl Veitschegger

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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