Mutworte - Christa Carina Kokol
Der klügste Satz

Foto: Neuhold

In einem Fernseh-Magazin zur Corona-Pandemie bekannte sich die Schriftstellerin Thea Dorn persönlich zu einer „vom Glauben abgefallenen Gesellschaft“, die nicht mehr an „ein Paradies oder das ewige Leben glaube“. Und doch hätte sie gerade im Neuen Testament bei Paulus den klügsten Satz gefunden, der ihr je untergekommen sei: „Gott hat uns nicht den Geist der Furcht gegeben, sondern der Kraft, der Liebe und Besonnenheit.“
Einen Geist, der uns erkennen lässt, dass alle Macht der Welt, auch unsere eigene, begrenzt ist. Dass unbedingtes Gottvertrauen nicht zu verantwortungsloser Leichtfertigkeit führt, sondern zur Quelle des Mutes. Die Kirche wird in diesen Zeiten nicht immer als systemrelevant empfunden, wenngleich sie aus ihrem Auftrag heraus sehr wohl existenzrelevant ist. Existenz kommt vom lat. „existere“ – heraustreten –, und daher ist menschliche Existenz auch fähig, mitten im Leben aus sich herauszutreten, um geistvoll schöpferisch wirken zu können. Viele selbstlos helfende Menschen haben beim Terroranschlag in Wien das „Über-sich-Hinauswachsen“ auf beeindruckende Weise gezeigt.
„Hass kann auf keinen Fall eine Antwort sein“, bekannte Kardinal Christoph Schönborn am menschenleeren Stephansplatz. Darauf versammelten sich Politiker mit Vertretern verschiedener Kirchen und Religionsgemeinschaften – Juden, Muslime und Christen – zum gemeinsamen Gedenkgottesdienst – im Geist der Besonnenheit.

Christa Carina Kokol
ist dipl. psychotherapeutische Beraterin in Logotherapie und Existenzanalyse nach Viktor E. Frankl. 

Autor:

SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT

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