Salzburger Hochschulwochen
Warum wir mehr Weniger brauchen II
Zufall, das Pseudonym Gottes
Salzburg. Physik-Nobelpreisträger hielt Festvortrag zum Abschluss der Salzburger Hochschulwochen. Die Organisatoren zeigten sich mit 800 Teilnehmenden zufrieden.
Der Streit zwischen Naturwissenschaften und Religion ist nach den Worten von Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger ein „Scheinkonflikt“. Wenn beide Seiten die Grenzen ihrer jeweiligen Disziplin einhielten, so könne man auch als Naturwissenschaftler durchaus sagen, man schöpfe aus beiden Quellen, sagte Zeilinger bei einem Vortrag am Sonntag, 6. August in Salzburg. Er selbst staune immer wieder über die „Schönheit und Einfachheit“ der Physik und der Naturgesetze. Zu diesem Staunen trage auch seine eigene Disziplin, die Quantenphysik bei, die alle Sicherheiten der Vorhersagbarkeit infrage stelle. „Die Zukunft ist viel offener, als wir glauben. Die Anmaßung der Machbarkeit der Welt ist oft nur der Beschränkung der eigenen Phantasie geschuldet“, so Zeilinger.
Der Vortrag des Physik-Nobelpreisträgers bildete zugleich den Höhepunkt und Abschluss der heurigen Salzburger Hochschulwochen, die vom 31. Juli bis 6. August zum Thema „Reduktion! Warum wir mehr Weniger brauchen“ stattgefunden haben. An dem Festakt in der voll besetzten Großen Aula der Universität Salzburg nahmen u. a. Erzbischof Franz Lackner, der Münchner Kardinal Reinhard Marx, Bischof Alois Schwarz, der Erzabt von St. Peter, Korbinian Birnbacher, und weitere Vertreterinnen und Vertreter aus Kirche, Politik und Gesellschaft teil.
Vieles sei Zufall und entziehe sich der Vorhersage – darin liege nicht nur ein Kern von Freiheit, sondern es tröste ihn auch viel mehr als die Annahme, alles sei nur ein deterministischer Ablauf von Gesetzmäßigkeiten, so Zeilinger. Vielleicht, schloss Zeilinger seinen Vortrag, in dem er auch einen Appell für eine freigiebigere Förderung von Grundlagenforschung und die Förderung von Hochbegabungen an den Schulen aussprach, mit einem Zitat des französischen Schriftstellers Théophile Gautier, sei der Zufall nur „das Pseudonym Gottes, wenn er nicht selbst unterschreiben will.“
Orte milden Wetters des Denkens
„Der Geist der Armut hat den Mut, statt des Wortes ‚Ich‘ das Wort ‚Wir‘ an die erste Stelle zu setzen“, sagte der Linzer Bischof Manfred Scheuer beim Festgottesdienst zum Abschluss der Hochschulwochen in seiner Predigt zum Thema Reduktion. Dem Gottesdienst stand Erzbischof Franz Lackner vor.
Zufrieden mit dem Verlauf der Woche zeigte sich Obmann Prof. Martin Dürnberger. Mehr als 800 Studierende und Interessierte hatten an den Veranstaltungen teilgenommen. „Es war wohl genau die bewährte Mischung aus ernsthafter Auseinandersetzung und der Prise Unbeschwertheit, die auch heuer wieder so viele Menschen nach Salzburg gelockt hat“, zeigte sich Dürnberger überzeugt. Es brauche auch zukünftig „Orte milden Wetters des Denkens und der Suchbewegungen“ – Orte, wie die Hochschulwochen einen solchen darstellten.
Der sichtlich vom Vortrag Zeilingers bewegte Salzburger Erzbischof Franz Lackner teilte abschließend mit, wie das Thema der Salzburger Hochschulwochen 2024 (29. Juli bis 4. August) lauten wird: „Fragiles Vertrauen. Über eine kostbare Ressource“.
Zwischen vielen Welten
Theologischer Preis der Salzburger Hochschulwochen für Susanne Heine.
Der Theologische Preis der Salzburger Hochschulwochen wurde heuer zur Würdigung ihres Lebenswerkes an die evangelische Theologin und Religionspsychologin und -pädagogin Susanne Heine verliehen. Sie habe wesentlich dazu beigetragen, dass sich Religionspsychologie, Religionspädagogik sowie feministische Theologie an den Theologischen Fakultäten zentral etablierten.
In ihrer Laudatio würdigte die Salzburger Moraltheologin Prof. Angelika Walser Heine als „eine der ersten akademisch-universitären Mütter der Theologie“. So habe Heine u.a. als „streitbare und immer wieder auch umstrittene Pionierin der feministischen Exegese Neuland beschritten“.
In ihren Dankesworten beschrieb Heine ihr Leben als „Wanderschaft zwischen vielen Welten“ und gab Einblick in ein Forschungsgebiet, das sie zuletzt intensiv bewegte: die Natur als ein religiöses Konzept, die „eine eigene Glaubensgemeinschaft geworden zu sein scheint“, so Heine. Die Natur versage sich jeder „Sündenrhetorik“ – bleibe auf der anderen Seite aber stumm, sie „spricht nicht, hört nicht zu, antwortet nicht und kennt keine Personen“ – sie entziehe sich damit jenem Moment, was den Menschen zum Menschen macht: seine Sprache.
Susanne Heine wurde 1942 in Prag geboren und war viele Jahre Institutsleiterin an der Evangelisch-Theologischen Fakultät in Wien, wo sie 2010 emeritierte.
Henning Klingen/KATHPRESS
Nähere Informationen zu allen vergangenen Salzburger Hochschulwochen finden Sie hier.
Autor:SONNTAGSBLATT Redaktion aus Steiermark | SONNTAGSBLATT |
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